Geheimnis um »#1101gr« ist gelüftet
Nachrichten »frei von Stereotypen«: Video mit Varoufakis unterstützt unabhängiges Portal »The Press Project«
Ein paar Wochen lang sorgte ein geheimnisvolles Video nicht nur in Griechenland für Spekulationen: Was hat Yanis Varoufakis vor? Die Frage lässt sich natürlich auch anders stellen, zum Beispiel auf die Weise eines Anti-SYRIZA-Frontblattes. »Der zum Kerl stilisierte Ökonom«, arbeitete man sich Anfang Oktober einmal mehr in der »Bild« an Varoufakis ab, gebe »wieder Rätsel auf. Er plant etwas. So viel steht fest. Aber was? Eine neue Partei? Eine Online-Zeitung? Eine Uni? Eine Laber-Plattform für Europas Linke? Oder doch was Großes?«
In dem Video wurde auf den 1. November verwiesen: »Sie werden kommen.« In dem kurzen Streifen tauchte neben Varoufakis’ Konterfei auch das des Schauspielers Kleon Grigoriadis auf, neben dem Ex-Minister der einzige etwas bekanntere Kopf hinter der Kampagne. Grigoriadis gehört zu denen, die offen der Meinungsmache der großen Medien widersprochen haben.
Das Geheimnis um das Projekt »#1101gr« ist inzwischen gelüftet: Es geht um unabhängige Informationen, darum, in einer Medienlandschaft, in der Blätter wie die »Bild« auch in Griechenland die öffentliche Meinung mit ihrer Marktmacht politisch formatieren - gegen linke Argumente, gegen gesellschaftliche Alternativen. Um genau solche geht hingegen bei »The Press Project« schon seit einiger Zeit (auch in einer englischen Ausgabe). Denn: »Das Recht auf Information ist ein Recht auf Demokratie.«
Gegründet im Zuge der Finanzkrise, die in Griechenland schnell zu einer Staatsschuldenkrise wurde und längst in eine soziale und politische Dauerkrise gemündet ist, wollte man bei »The Press Project« nicht länger zuschauen, dass griechische Medien unisono auf dem Kurs der jeweiligen Regierungen waren oder gleich ganz die Position der Gläubiger vertraten - wonach die bisher herrschende Politik der Memoranden und Austerität der der einzige Weg aus der Krise wäre. Dagegen will »The Press Project« Nachrichten »frei von Stereotypen, mit Klarheit, Vernunft und Fakten« setzen.
Doch die Finanzierung unabhängiger Medien ist gerade in Griechenland kein Kinderspiel. Die größeren, etablierten Medien gehören in der Regel Bauunternehmern oder Reedereien, heißt es bei »The Press Project«. Auch gibt es viele Verstrickungen in die politische Bürokratie, und in der Krise gingen die Werbeeinnahmen zurück, was den Kostendruck auf die Redaktionen erhöhte. »Die größten Fernseh- und Radiostationen sind heute bankrott oder am Rande des Zusammenbruchs, vor allem aber haben sie den Kampf um die Glaubwürdigkeit verloren.«
Leute wie Costas Efimeros, der Herausgeber von »The Press Project«, haben sich gerade in der Krise eben jene Glaubwürdigkeit erkämpft. Der Grafikdesigner und Programmierer hat unter anderem den viel zitierten Dokumentarfilm »Debtocracy« produziert, der eine alternative Geschichte der Staatsschuldenkrise in Griechenland erzählt - eine andere als die etablierte Version über ein Land, das »über seine Verhältnisse gelebt« habe. Es geht in dem Film auch um neue, nicht-neoliberale, linke Wege aus der Krise. Sozusagen um mediale Mangelware in der politischen Diskussion.
Um damit weitermachen zu können, um mehr Menschen zu erreichen, braucht »The Press Project« nun Hilfe. Und darum geht es bei dem »geheimnisvollen Video«. Am Sonntag wurde der Schleier gelüftet. Varoufakis nahm den Ball auf, den ihm nicht nur die »Bild« zugespielt hatte: Es gehe bei »1101« um mehr als eine Partei, twitterte der Ex-Finanzminister. Es gehe um unabhängige Medien, die nur von ihren Abonnenten gekauft werden könnten.
Und um mehr, wie es das Portal verspricht: Um ein soziales Netzwerk, in dem die Themen wichtig sind, die auch das Leben der meisten Menschen prägen. Um ein neues Modell von Bürgerjournalismus. »The Press Project« soll dabei im Grunde abofrei bleiben. »Aber«, heißt es, »wir brauchen Unterstützung, um weiter zu gehen.« vk
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