»Ich wollte gar nicht mehr aufstehen«
Tennisspielerin Andrea Petkovic gibt Einblicke in ihre depressive Gedankenwelt und zweifelt an der Fortsetzung ihrer Profikarriere
Unter Tränen spricht Andrea Petkovic über ihre Karriere. Die 28-Jährige gibt zu, die Lust am Tennis verloren zu haben. Bundestrainerin Barbara Rittner will sie aber zum Weitermachen überreden.
Von Wolfgang Müller und Lars Reinefeld
Nach der heftigsten Niederlage ihrer Karriere hat die frühere Top-Ten-Spielerin Andrea Petkovic mentale Probleme eingestanden und Zweifel an der Fortsetzung ihrer Tenniskarriere geäußert. »Ich muss herausfinden, ob ich weiterspielen will«, sagte die 28-Jährige aus Darmstadt in einem Beitrag auf der Internetseite der Spielerinnenorganisation WTA.
Die derzeit zweitbeste Deutsche hinter Angelique Kerber hatte am Mittwoch in Zhuhai eine 0:6, 0:6-Niederlage gegen Carla Suarrez Navarro aus Spanien kassiert, mit einer Knieverletzung weinend den Platz verlassen und anschließend in bemerkenswerter Offenheit unter Tränen über private Schwierigkeiten, Motivationsprobleme und die Krankheit ihrer Mutter gesprochen.
»Es war ein schwieriges Jahr für meine Familie«, sagte Petkovic. Schon nach ihrem Drittrundenaus in Wimbledon Anfang Juli hatte sie über die Krankheit ihrer Mutter geredet. »Ich wollte Zuhause sein. Zuhause war ich glücklich. Aber als ich auf die Tour gegangen bin, habe ich mich in gewisser Weise deprimiert gefühlt. Wirklich deprimiert, so dass ich eigentlich gar nicht mehr aufstehen wollte«, erzählte Petkovic jetzt. »In den vergangenen zwei, drei Monaten habe ich irgendwie die Leidenschaft fürs Tennis verloren.«
Sie habe aber weitergemacht mit Training, Turnieren, Fitness und Physiotherapie. »Es hat sich angefühlt wie Folter. Jede Minute«, sagte die French-Open-Halbfinalistin von 2014 und ehemalige Nummer neun der Weltrangliste. Bundestrainerin Barbara Rittner reagierte mit einer Mischung aus Sorge und Unverständnis. »Natürlich mache ich mir Sorgen. Ich will Andrea auch als Führungsspielerin nicht verlieren«, sagte Rittner am Donnerstag.
Noch vor ihrem Abflug nach China hätten sie »engen und guten Kontakt« gehabt. »Ich habe ihr auch gesagt, wie ich die Situation sehe. Da waren wir auf einer Wellenlänge«, sagte Rittner, betonte aber auch: »Ich hätte mir gewünscht, dass sie diese Dinge erst mit den Leuten um sie herum besprochen hätte, ehe sie mit solchen Gedanken an die Öffentlichkeit geht.«
Zuletzt kassierte die sich oft selbst hinterfragende Petkovic bei fünf Turnieren vier Auftaktniederlagen. Sie habe in diesem Jahr ihre Berufswahl als Tennisprofi erstmals infrage gestellt, sagte Petkovic. In den kommenden Wochen wolle sie daher über ihre Zukunft nachdenken. »Ich werde erst einmal vier Tage schlafen, weil es sich anfühlt, als hätte ich das zwei Monate nicht getan«, sagte sie. Anschließend will sie nach New York fliegen und dort neue Energie tanken.
»Ich denke, sie braucht eine Auszeit, in der sie ein paar Dinge sortiert. Ich glaube, ihr fehlt im Moment der Halt. Sie sucht einen Trainer, muss sich selbst finden«, sagte Fed-Cup-Chefin Rittner. Ein vorschnelles Karriereende aber hofft sie noch abzuwenden: »Sie sollte sich die Zeit nehmen, dann aber noch einmal Vollgas geben.« dpa/nd
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