Opposition lehnt Bundeswehreinsatz gegen den IS ab

CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt für Verfassungsänderung zum Armeeeinsatz innerhalb Deutschlands / Bundestags-Wehrbeauftragter Bartels (SPD): Polizeiaufgaben nicht Sache der Bundeswehr / LINKE: CSU-Forderung »Eingeständnis eigenen Versagens«

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Die Forderung nach einem Bundeswehreinsatz im Inneren wird von Unionspolitikern immer wieder erhoben - zuletzt nach den Anschlägen von Paris. Die Ablehnung dagegen reicht aber momentan bis in die eigenen Reihen.

Update 16.25 Uhr: Maas gegen schärfere Gesetze als Reaktion auf Paris-Anschläge
Auf die Bedrohung des Terrorismus mit schärferen Gesetzen zu reagieren, lehnt die SPD ab. »Wir dürfen den Leuten nicht vorgaukeln, dass wir durch weitere gesetzliche Verschärfungen die Sicherheit erhöhen würden«, sagte Justizminister Maas den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Viel wichtiger sei eine konsequente Anwendung der bereits bestehenden Gesetze.

Update 16.20 Uhr: Opposition lehnt Bundeswehreinsatz gegen den IS ab
Verteidigungspolitiker der Koalition forderten Bundeswehr-Unterstützung für den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Deutschland müsse bereit sein, auch militärisch gegen den IS vorzugehen, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler der »Bild«-Zeitung. Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter forderte, die Luftwaffe zur Aufklärung von IS-Stellungen in Syrien einzusetzen. Frankreich hatte die EU-Länder als Reaktion auf die Anschläge in Paris gebeten, den Kampf gegen den IS »im Rahmen ihrer Möglichkeiten« zu unterstützen.

Die Opposition lehnt ein verstärktes Engagement der Bundeswehr in Syrien ab. »Wir stehen natürlich an der Seite unserer französischen Freunde. Aber Solidarität heißt nicht, dass wir Kriegseinsätze mitmachen«, sagte Grünen-Chefin Simone Peter der »Rheinischen Post«. »Terror lässt sich nicht mit Bomben verhindern«, erklärte der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger. »Die Solidarität mit Frankreich kann nicht in der Fortsetzung oder gar Intensivierung einer lange gescheiterten Politik bestehen.«

Breite Ablehnung gegen Bundeswehreinsätze im Inneren

Berlin. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), hat einen verstärkten Einsatz der Bundeswehr im Inneren im Zuge der Anschläge von Paris erneut abgelehnt. Die Bundeswehr entlaste die Behörden bereits bei »ordnenden Aufgaben«, etwa bei der »Bewältigung der Antragswelle« im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), sagte Bartels am Donnerstag im »Morgenmagazin« der ARD. »Polizeiaufgaben sind nicht ihre Sache.«

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt (CSU) hatte sich zuvor für eine Verfassungsänderung ausgesprochen, um die Bundeswehr auch im Innern effektiv einsetzen zu können. »Sollte es die Lage in Deutschland erfordern, dann muss auch die Bundeswehr einen Beitrag zur Sicherheit der Bürger leisten können. Sicherheit für die Menschen hat oberste Priorität«, sagte Hasselfeldt der »Rheinischen Post«: »Wenn dafür die verfassungsrechtliche Grundlage für die Bundeswehr verändert werden muss, sollten wir davor nicht zurückschrecken«, sagte die CSU-Politikerin. »Die Möglichkeit für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern dürfe aber nicht dazu führen, dass die Bundesländer sich aus der Verantwortung stehlen. Die Länder müssen ihre Polizeien personell wie materiell so ausstatten, dass sie die aktuellen Herausforderungen bestmöglich meistern können.«

Selbst aus den eigenen Reihen kommen entgegengesetzte Äußerungen: So erteilte CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer Überlegungen, die Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei einzusetzen eine Absage – zumindest momentan: »Die Zeit ist noch nicht reif dafür, bewaffnete Soldaten auf deutschen Plätzen zu postieren«, sagte er. Die Polizei in Bund und Ländern habe die Situation in Griff.

Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, sprach sich gegen eine Ausweitung der Befugnisse der Bundeswehr aus. Die Bundeswehr könne bereits jetzt auf Anforderung eines Bundeslandes oder der Bundesregierung Amtshilfe bei drohenden schweren Unglücksfällen leisten, sagte Papier der »Thüringer Allgemeinen«.

Für die LINKE-Bundestagsfraktion ist die CSU-Forderung ein » Eingeständnis des eigenen Versagens«: In den letzten Jahren seien Bundespolizei und Zoll systematisch zusammengespart worden, so dass die Einsatzfähigkeit schon im Normalbetrieb nur mit übergroßen Anstrengungen der Beamtinnen und Beamten gewährleistet werden könne. »Schuldenbremse und die Politik der schwarzen Null haben in Bund und Ländern maßgeblich dafür gesorgt, dass der öffentliche Dienst und dabei auch die polizeilich handelnden Behörden ausgeblutet worden sind«, erklärt Frank Tempel, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion. Dem Einsatz der Bundeswehr seien aus gutem Grund enge Grenzen gesetzt: »Das Grundgesetz muss vor dieser Union geschützt werden«, konstatiert Tempel. Agenturen/nd

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