Zschäpe gibt die Unschuld vom Lande

Kernaussage der Hauptangeklagten im NSU-Prozess: An den Taten nicht beteiligt und nichts gewusst

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Mittwoch kam es zur lange erwarteten Stellungnahme der Hauptangeklagten im Münchner NSU-Prozess. Beate Zschäpe erklärte sich; klarer wurde das Bild der Mörder damit nicht.

Erstmals in dem seit Mai 2013 laufenden Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht nahm Beate Zschäpe am Mittwoch Stellung zur Anklage. Die Überlebende der Zwickauer Nazibande mit dem selbstgewählten Namen »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) ließ ihren Anwalt Mathias Grasel eine 53-seitige Erklärung verlesen und kündigte gleichzeitig an, Nachfragen nur vom Gericht und von ihren Mitangeklagten sowie nur in schriftlicher Form zu akzeptieren.

In der Erklärung bestreitet Zschäpe eine Beteiligung an den zehn Morden, die dem NSU-Trio zur Last gelegt werden, wie auch an den zwei Bombenanschlägen und 15 Banküberfällen. Selbst Mitwisserschaft bestreitet Zschäpe, sie will immer erst danach von den Taten erfahren haben. »Ich war weder an den Vorbereitungshandlungen noch an der Tatausführung beteiligt.«

Frustration, Trinkgewohnheiten und die Vernachlässigung ihrer Katzen nehmen einen größeren Platz in der Erklärung ein als Hinweise, die zur Aufklärung der Taten und ihren Hintergründen dienen könnten. Zschäpe schildert angebliches Entsetzen und Betroffenheit, die sie nach den Taten empfunden habe, bittet die Angehörigen der Opfer um Verzeihung und behauptet, Verlustängste hätten sie am Aussteigen gehindert. Sie habe Uwe Böhnhardt, einen der Täter, geliebt.

Im Gerichtssaal fand die Angeklagte nicht die gewünschte Gnade. »Dieser Aussage glaube ich kein Wort«, erklärte Gamze Kubasik, Tochter des 2006 ermordeten Kioskbesitzers Mehmet Kubasik. Im Bayerischen Rundfunk traf Nebenklageanwalt Yavuz Narin eine vernichtende Bewertung: »Damit hat Frau Zschäpe ihr eigenes Urteil unterschrieben, das war einfach nur dumm«, so der Anwalt der Angehörigen des NSU-Opfers Theodoros Boulgarides.

Petra Pau, Obfrau der LINKEN im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, nannte Zschäpes Erklärung »ohne Relevanz« für dessen Arbeit. Zschäpe folge »einer langen neonazistischen Tradition; immer dann, wenn Neonazis Verantwortung für ihre Taten übernehmen sollen, gerieren sie sich selbst als Opfer - wahlweise des Staates, der Linken, der Ausländer.« Irene Mihalic, Obfrau der Grünen im NSU-Ausschuss, und Konstantin von Notz, Grünen-Fraktionsvize, beschreiben diese Opferrolle als »völlig unglaubwürdig« und »widersprüchlich«. Es sei nicht vorstellbar, dass Zschäpe über 13 Jahre hinweg auf engstem Raum mit zwei Männern zusammenlebte, ohne in deren Aktionen und Taten eingebunden zu sein.

Für den Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses im baden-württembergischen Landtag, Wolfgang Drexler (SPD), bringt Zschäpes Aussage keine neuen Erkenntnisse auch über den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn 2007. Eine für Freitag geplante Sitzung des Ausschusses werde daher nicht stattfinden. Indirekt zog Drexler Zschäpes Aussage über die Motive ihrer Kumpane in Zweifel, denen der Mord angelastet wird. Die Waffen der Polizisten zu rauben sei Ziel des Überfalls gewesen, so gab Zschäpe in ihrer Erklärung an. Einer der Beamten überlebte

Erneut beantragte Zschäpe am Mittwoch die Entlassung ihrer ursprünglichen drei Pflichtverteidiger. Anwalt Grasel begründete dies damit, dass es seit fünf Monaten keinen Kontakt Zschäpes zu diesen Anwälten gebe. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl verschob die für Donnerstag geplante Verhandlung auf kommenden Dienstag. Seite 6

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