AfD freut sich über Not der Flüchtlinge: »Geschenk«

Grüne kritisieren Rechtspartei: Verhöhnung von Menschen auf der Flucht / CDU sieht Höcke nach rassistischer Rede als Rechtsextremist entlarvt

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Berlin. Sollten wirklich noch Zweifel an der politischen Positionierung der AfD bestanden haben – die Rechtspartei hat diese nun selbst endgültig ausgeräumt. So frohlockte der Vizevorsitzende Alexander Gauland über die hohe Zahl von Geflüchteten und die politische Krise im Umgang mit ihnen, dies sei »Geschenk« für seine Partei. »Natürlich verdanken wir unseren Wiederaufstieg in erster Linie der Flüchtlingskrise«, sagte er der Polit-Illustrierten »Spiegel«. Diese Krise »war sehr hilfreich«.

Die Grünen kritisierten die Äußerung umgehend. »Die Flüchtlingskrise als Geschenk zu bezeichnen, ist das erbärmliche Eingeständnis, Stimmungsmache auf dem Rücken der Ärmsten zu betreiben«, teilte Parteichefin Simone Peter mit. Gauland verhöhne »Millionen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und blanker Not auf der Flucht sind«. Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, warf der AfD vor, sie entlarve sich als »Rattenfänger«: Der »Krisengewinnler« Gauland habe gezeigt, was für ein »Heuchlerbande« die AfD sei. »Zynisch freut man sich über Krisen, zur Bewältigung trägt man nichts bei. Jetzt müsste auch dem letzten verirrten Bürger klar sein, dass Demokraten und anständige Bürger diesen zynischen Rattenfängern nicht hinterherlaufen.«

Auch die Empörung über eine erst jetzt bekannt gewordene Rede des Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke hält an. Thüringens Landtagspräsident Christian Carius zeigte sich fassungslos über die Äußerungen und sagte dem MDR; Höcke habe sich in »gefährliche Nähe zur Argumentation der Nationalsozialisten« begeben und sich so als Rechtsextremist entlarvt. Jeder Kleintierzüchterverein spreche verantwortungsvoller über das Paarungsverhalten von Kaninchen oder Meerschweinchen als der AfD-Landeschef über Menschen auf dem afrikanischen Kontinent. Offenbar habe sich Höcke bislang in seinen Reden in der Öffentlichkeit nur verstellt, so der CDU-Politiker.

Höcke hatte bei einem Kongress des rechten Instituts für Staatspolitik in Sachsen-Anhalt im November rassistische Theorien referiert und von »unterschiedlichen Reproduktionsstrategien« der Menschen in Afrika und Europa gesprochen. Er übertrug dabei unter anderem die biologische Theorie unterschiedlicher Fortpflanzungsstrategien bei Lebewesen auf die Menschen, die er in einen »Ausbreitungstyp« und einen »Platzhaltertyp« unterteilte. Dies führe in Afrika zu einem »Bevölkerungsüberschuss«, sagte der umstrittene AfD-Politiker. »Solange wir bereit sind, diesen Bevölkerungsüberschuss aufzunehmen, wird sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern.« Die Länder des Kontinents würden die Grenzen zu Europa brauchen, »um zu einer ökologisch nachhaltigen Bevölkerungspolitik zu finden«.

Zuerst hatte der Sender NDR über die rassistische Rede Höckes berichtet. Die Amadeu-Antonio-Stiftung sieht den AfD-Politiker in einer Linie mit der Rassentheorie des NS-Regimes. Auch der Berliner Extremismusforscher Hajo Funke sagte, Höckes Ansichten seien ein Beispiel für biologischen Rassismus. Er forderte gegenüber dem NDR zudem Konsequenzen für die AfD. Dies sei eine Partei, »die sich rechtspopulistisch gebe und nun einen Rassisten der ersten Sorte in ihren Reihen habe«. Eine Sprecherin der AfD-Fraktion in Thüringen, sagte, dies sei »an den Haaren herbeigezogen«.

Höcke war immer wieder wegen seiner Nähe zu rechtsextremen Positionen in die Schlagzeilen geraten. Der Sozialwissenschaftler David Bebnowski sagte etwa, der AfD-Politiker habe sich in einem »für Rechtsextreme typischen Duktus« geäußert. Bei der neurechten Internetseite Sezession wurde der Auftritt des AfD-Rechtsaußen so geschildert: »Höckes fulminanter Vortrag, der immer wieder von Akklamationen unterbrochen wurde und schließlich in Stehapplaus endete.« Der Kongress stand unter dem Motto: »Ansturm auf Europa«. nd/Agenturen

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