Export hat Konjunktur
Wirtschaftliche Stagnation ist vorbei / Nach wie vor schwache industrielle Basis
»2015 war ein sehr, sehr positives Jahr für den Export«, freut sich Melanie Bähr, stellvertretende Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK). Von Januar bis Oktober haben Berliner Firmen Waren im Wert von 11,6 Milliarden Euro ausgeführt, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Plus von 4,2 Prozent entspricht. »Wir sind zuversichtlich, im Gesamtjahr die 13-Milliarden-Euro-Marke zu knacken«, sagt Bähr. 2012 war mit Exporten für 13,6 Milliarden Euro bisher das Rekordjahr.
Dabei ändert sich die Reihenfolge der stärksten Handelspartner zum Teil deutlich in kurzer Zeit. Während die USA (plus zehn Prozent), Polen (plus neun Prozent) und Frankreich dieses Jahr wie 2014 die ersten drei Plätze innehaben, ist Saudi-Arabien mit einem Exportplus von 70 Prozent auf Rang vier gekommen (bisher Rang 9). Mit einem Minus von 30 Prozent sind die Niederlande auf Platz neun, während Russland innerhalb von zwei Jahren vom zweiten auf den elften Rang abgerutscht ist, was sowohl an der politischen Konfrontation als auch an der dortigen Wirtschaftskrise liegt.
Im Vergleich mit anderen Bundesländern liegt Berlin mit einer Exportquote von elf Prozent auf dem letzten Platz, und so passiert es, dass bereits der Export einiger Kraftwerksturbinen die Rangfolge deutlich durcheinanderwirbelt. »Siemens-Effekt« nennen das die Statistiker bei der IHK. »Die Unternehmen, die hier produzieren, sind aber absolut wettbewerbsfähig«, sagt Bähr. Es handele sich um hochtechnologische und hochinnovative Firmen. Das zeige sich auch daran, dass 56 Prozent aller Unternehmen ihre Produkte exportieren, verglichen mit 50 Prozent im Bundesdurchschnitt.
Um noch mehr über das Auslandsgeschäft zu erfahren, hat die IHK Fragebögen an Berliner Unternehmen verschickt. Rund 350 Firmen antworteten, wohin sie exportieren, wie stark ihr Auslandsengagement ist und wie Pläne und Erwartungen der nächsten drei Jahre aussehen.
»Wir wollen Dinge erfahren, die sich nicht in den Handelsstatistiken finden, damit wir die Aktivitäten noch gezielter unterstützen oder auch anstoßen können«, sagt Melanie Bähr. Da gab es durchaus Neues. Zum Beispiel, dass die Unternehmen davon ausgehen, dass Russland trotz der aktuellen Krise perspektivisch wichtiger eingeschätzt wird als Asien; oder die Bedeutung von Brasilien, das gerade ebenfalls eine Wirtschaftskrise durchmacht. Allerdings sind auch nur fünf Prozent der Fragebögen ausgefüllt zurückgekommen. Interessant wird die Sache vor allem, wenn sich nach wiederholten Befragungen über die Jahre Trends erkennen lassen. Ein Anfang ist gemacht.
»Wir als Kammer wollen den Unternehmen verstärkte Services anbieten, was das Auslandsgeschäft angeht«, sagt Bähr. So stünden im nächsten Jahr Unternehmerfahrten an die amerikanische Ost- und Westküste und in die Türkei an. Nicht vor 2017 rechnet Bähr mit einer Reise in den Iran, das nach Ende des Embargos wieder ein bedeutendes Exportland werden kann. Wichtig sei eine nachhaltige Marktbearbeitung. Die Reise zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach Israel dieses Jahr habe eine wichtige »Türöffnerfunktion« gehabt, auch wenn es vorrangig um wissenschaftliche Zusammenarbeit ging. »Der persönliche Kontakt führt dann in den Folgejahren oft zu Abschlüssen«, so Bähr. Es gebe noch viel zu tun in den nächsten Jahren, um Berlin zu stärken. »Wichtig ist aber, dass wir aus der Stagnation herausgekommen sind.«
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