Berufserfahrung ohne Garantie
Pilotprojekt der Bahn soll Elektriker für die eigene Betriebstechnik fit machen
Seit November nehmen 15 Asylsuchende an einer Umschulung zu Elektronikern für Betriebstechnik bei der DB in München teil. Voraussetzung war entsprechende Berufserfahrung im Heimatland. Bei erfolgreichem Verlauf will die DB das Programm ausbauen. »Mit dem Münchner Programm gehen wir einen neuen Weg und geben berufserfahrenen Flüchtlingen im technischen Bereich eine Perspektive«, so DB-Personalvorstand Ulrich Weber in München.
Tektesenbet Weldetnsae ist einer der Umschüler. Der 24-Jährige stammt aus Eritrea und hat bei der Stadtverwaltung der Hauptstadt Asmara als Elektriker gearbeitet. Derzeit läuft sein Asylantrag. Zehntausende Eritreer überwinden jedes Jahr Stacheldraht, Minenfelder und bewaffnete Grenzposten, um ihr Land zu verlassen und Unterdrückung sowie dem Militärdienst zu entkommen. Obwohl die Grenzbeamten angehalten sind, auf Flüchtlinge zu schießen, fliehen einem UN-Bericht zufolge jeden Monat 5000 Eritreer. Für Tektesenbet Weldetnsae beginnt die Umschulung zunächst mit einem vier Monate dauernden Deutschsprachkurs. Sein Kollege Yunusa Lateef Ajani ist da schon ein bisschen weiter, er kann sich einigermaßen auf Deutsch unterhalten. Der 33-Jährige stammt aus Nigeria und hat dort zwei Jahre als Techniker gearbeitet, auch er hat einen Asylantrag gestellt.
Die anderen Teilnehmer des Programm stammen aus dem Kongo, dem Iran, Syrien, Algerien, Somalia und Tunesien. Sie alle bringen Berufserfahrung im elektrotechnischen Bereich mit - und eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie in Deutschland bleiben dürfen.
Die Bahn hatte in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, der Stadt München und der IHK einen Flyer verteilt, der auf Deutsch, Englisch und Französisch über das Programm informierte. Daraufhin meldeten sich 80 Bewerber, von denen in einem mehrstufigen Verfahren dann die 15 Teilnehmer ausgesucht wurden. Dabei ging es ebenso um praktische Kenntnisse wie um Teamfähigkeit.
Dass die Auswahl nicht einfach ist, räumt Udo Franziszi vom Personalmanagement der DB ein. Denn niemand könne sagen, ob ein Syrer oder Kongolese, der in seinem Heimatland als Elektriker arbeitete, die nötige Vorbildung für eine Facharbeiterausbildung der Deutschen Bahn mitbringt. Zumal Zertifikate und Zeugnisse aus den Heimatländern oft nicht mit den deutschen Nachweisen vergleichbar seien. Fachleute der Industrie- und Handelskammer müssten prüfen, was davon anerkannt werden kann und was nicht. Die Umschulung dauert insgesamt 28 Monate und soll mit einer IHK-Prüfung abgeschlossen werden.
Wenn alles gut läuft, soll das Programm auch in anderen Bundesländern angeboten werden. Und Raimund Becker, Vorstandmitglied der Bundesanstalt für Arbeit hofft auf einen Nachahmungseffekt für andere Firmen. »Viele Unternehmen suchen händeringend Auszubildende«, so Becker bei der Vorstellung des Programms. Immerhin soll bis zum Jahr 2030 die Zahl der Menschen in arbeitsfähigem Alter bundesweit um sechs Millionen sinken. »Wenn von außen keiner mehr hinzukommt«, sagt Becker, »dann wird's eng«.
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