37 404 Orden in drei Jahren

Sachsens Linkspartei spottet über eine vermeintliche Flut offizieller Ehrungen im Freistaat

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Hochwasser 2013 ehrten viele Bundesländer die Helfer. In Sachsen bezeichnete man die Ehrung sogar als Orden - was der CDU/SPD-Regierung jetzt Spott aus der Opposition einträgt.

Dem Sachsen ist, zumindest wenn er in der Landeshauptstadt lebt, ein gewisser Hang zum Pompösen eigen. Das zeigte sich auch, als nach dem Hochwasser 2013 in Regierungsbüros in der gesamten Bundesrepublik darüber nachgedacht wurde, wie man Helfern angemessen danken könne. In Sachsen-Anhalt legte man eine Ehrennadel auf, in Niedersachsen eine Medaille, in Thüringen ein Erinnerungsabzeichen. Mit einer so nüchtern betitelten Auszeichnung gab man sich im Freistaat allerdings nicht zufrieden. Hier erhielten die Fluthelfer einen Orden.

Dieser Umstand trägt dem Regierungschef jetzt Spott aus der Opposition ein; Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wird gar mit DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker verglichen.

Grund ist eine vermeintliche Auszeichnungsflut in Sachsen. André Schollbach, Abgeordneter der LINKEN im Landtag, wollte wissen, wie viele Orden durch »öffentliche Stellen des Freistaats« von 2012 bis 2014 verliehen worden seien. Die Antwort machte ihn fassungslos: In den drei Jahren, teilte der Finanzminister mit, seien es exakt 37 404 Orden gewesen. Schollbach fühlt sich an das Verhalten Honeckers in der Endphase der DDR erinnert. Dieser habe damals auch mit Orden und Auszeichnungen um sich geworfen. In Anspielung darauf, dass der seit 2008 regierende Tillich mittlerweile der am längsten amtierende deutsche Ministerpräsident ist, ätzt Schollbach: »Wer zu lange an der Macht ist, verliert offenbar den Bezug dazu, was in welchem Umfang angemessen ist.«

Wie fundiert der Vergleich ist, lässt sich schwer überprüfen; Komplettlisten der in der letzten Zeit der DDR Ausgezeichneten sind nicht verfügbar. Immerhin konnten Honecker und Genossen aus einem reichen Repertoire wählen; allein auf der Liste der Orden gibt es vom »Karl-Marx-Orden« über das »Banner der Arbeit« bis zum »Stern der Völkerfreundschaft« etliche Auswahlmöglichkeiten. Sachsens Regierungschef hat indes kaum eine Wahl. Eigentlich gibt es nur den Verdienstorden des Freistaats, den Tillich im fraglichen Zeitraum eher sparsam einsetzte, indem er ihn 37 Personen an die Brust heftete.

Die eigentliche Ordensflut dagegen ist dem Hochwasser im Juni 2013 geschuldet, das auch in Sachsen große Schäden anrichtete. Um die Arbeit der vielen Helfer zu würdigen, wurde ein Orden aufgelegt: eine silbern glänzende Plakette am grün-weißen Band, darauf die Aufschrift »Sie haben geholfen«. Erhalten sollten den Orden Helfer, die mindestens 24 Stunden im Einsatz waren. Die ersten 400 Stück wurden im September 2013 in der Semperoper verliehen; der MDR übertrug teilweise live.

Auch bei der Herstellung zeigte sich Sachsen nicht knausrig. Während die Auszeichnung, die Sachsen-Anhalt verteilte, lediglich einen Euro pro Stück kostete, berappte man in Sachsen fast sechs Euro. Bestellt wurden immerhin 60 000 Exemplare.

Der Vorwurf Schollbachs, dass Sachsens Regierung derlei Auszeichnung quasi zur Massenware degradiere, trifft freilich nicht Tillich allein. Im Vergleich zu seinem Amtsvorgänger Georg Milbradt hielt er sich sogar noch zurück: Vom ersten Orden für Fluthelfer, der in dessen Regierungszeit nach dem Hochwasser 2002 aufgelegt wurde, sollen 140 800 Stück verteilt worden sein. Dagegen wirken die 37 367 von Tillich binnen zwei Jahren ausgehändigten Orden regelrecht bescheiden - vor allem eingedenk der Tatsache, dass 2014 ein Wahljahr in Sachsen war.

Und auch im Ländervergleich steht Tillich nicht ganz so schlecht da. Sachsen-Anhalt hat nach anfänglichen Problemen sogar 50 000 Auszeichnungen an den Mann und die Frau gebracht und später nochmal 10 000 Exemplare nachbestellt. Allerdings hat man das gute Stück dort eben nicht »Orden« genannt.

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