Zu wenig Unterricht auf Bauernhöfen?

Anfrage an Bremer Senat wird unkonkret beantwortet

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht alles, was nach grüner Politik klingt, ist es auch. Die Thesen, dass biologische Vielfalt zu schützen und der Eigenwert der Natur anzuerkennen sei, weil sie unsere Lebensgrundlage bilde, stammt nicht aus einem Programm der Bremer rot-grünen Regierungskoalition, sondern von der CDU der Hansestadt. Sie besetzt mit dem waschechten Landwirt und Landschaftspfleger Frank Imhoff einen der beiden Vizepräsidenten-Posten des Landtags an der Weser, der Bremischen Bürgerschaft.

Im kleinsten Bundesland, das »nur« aus zwei Städten besteht, spielt die Landwirtschaft eine gewichtige Rolle. Immerhin war im vergangenen Jahr mit fast 12 000 Hektar mehr als ein Viertel der Gesamtfläche Bremens Land- und Forstwirtschaftsfläche. Allerdings ist die Zahl der Arbeitsplätze in dem Bereich deutlich zurückgegangen auf knapp 400.

Ein Grund, weshalb sich die CDU an der Weser Sorgen macht, Bremer Kinder und Jugendliche würden womöglich nicht genug Unterrichtsstunden auf dem Bauernhof verbringen. Auch der hansestädtische Senat nimmt das Thema ernst. Was sich in einem Zehn-Seiten-Papier der rot-grünen Regierung als Reaktion auf die entsprechende christdemokratische Anfrage niederschlug.

Allein, das viele Papier will nichts so recht Konkretes hergeben betreffend konkreter Erfahrungen auf echten Bauernhöfen. Aber es wird sehr viel argumentiert und akribisch nachgewiesen, was genau in welchen Rahmenplänen für Bildung und Erziehung sowie anderen Richtlinien betreffend Natur und Kinder steht.

Immerhin steht hinter der Anfrage mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Thomas Rövekamp ein gelernter Jurist. Da wird die Antwort gründlich recherchiert und mit spitzer Feder formuliert. Und wohlwollend: Die Beschäftigung mit den Themenfeldern des Lernorts Bauernhof sei wichtiger Bestandteil in allen Arbeitsbereichen von Kitas und Schulen und werde vom Senat positiv bewertet, heißt es.

Danach allerdings wird es etwas böse. Denn der Senat schiebt es den Schulen und Kitas in die Schuhe, diese theoretisch positive Sache in reale Exkursionen aufs Bremer Land oder gar ins niedersächsische Umland umzusetzen. Zwar wird angemerkt, es könnte auch die Umweltbildung durch Betrachten von Bilder- und Sachbüchern erfolgen, aber die Schulen und Kitas hätten explizit die Aufgabe, mit regionalen außerschulischen Partnern zu kooperieren und so die regionale Bildungslandschaft zu erweitern.

Mit der Region ist Niedersachsen gemeint, das von Bremen aus schnell erreicht ist. Schmiegt sich doch die Stadt schmal an der Weser entlang, sodass es für viele Schulen nur einen kleinen Ausflug zu Fuß bedeutet, um die grüne, landwirtschaftliche Region außerhalb Bremens zu erreichen. Was gerade in den ersten vier Schuljahren zu empfehlen ist, gibt es doch im Lernfeld »Natur« für Grundschulen die Vorgabe, dass Kinder benennen können, wo und wie Nutztiere gehalten werden und wo und wie Nahrungsmittel wachsen. Dazu gehören Keimung, Wachstum und Fortpflanzung - von Nutzpflanzen.

Und weil im Lernfeld »Arbeit, Wirtschaft und Konsum« Berufe kennengelernt werden sollen, könnte hier gut der »Lernort Bauernhof« einbezogen werden, meint der Senat. Aber er betont auch, dass die Bremer Bildungspläne kompetenzorientiert seien und deshalb nur die zu erlangenden Kompetenzen beschreiben. Der Weg dahin bleibe den Schulen überlassen.

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