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EU will Warschau unter »rechtsstaatliche« Aufsicht stellen

EU-Kommission kann neugeschaffenen »Rechtstaatmechanismus« erstmals aktivieren / Beratung am 13. Januar / Polen könnten final Stimmrechte entzogen werden

  • Lesedauer: 2 Min.
Die EU-Kommission könnte Polen angesichts des Staatsumbaus der rechten PiS-Regierung unter »rechtsstaatliche« Aufsicht stellen - für den deutschen Kommissar Oettinger spricht viel dafür. In Polen wird weiter protestiert.

Nach der umstrittenen Medienreform in Polen fordert EU-Digitalkommissar Günther Oettinger eine härtere Gangart gegen die nationalkonservative Regierung in Warschau. »Es spricht viel dafür, dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen«, sagte der CDU-Politiker der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«.

EU-Diplomaten hatten bereits Ende Dezember bestätigt, dass die von Jean-Claude Juncker geführte Kommission bei ihrer Sitzung am 13. Januar über die Lage in Polen beraten wird.

Im Kampf gegen staatliche Willkür in Mitgliedstaaten hatte sich die EU vor gut einem Jahr ein neues Verfahren zugelegt, das aber bisher ungenutzt blieb. Staaten, die systematisch gegen gemeinsame Grundwerte verstoßen, können bei EU-Ministertreffen offiziell in die Mangel genommen und damit politisch unter Druck gesetzt werden. Die Folgen können dramatisch sein: Werden Gefahren für den Rechtsstaat festgestellt, kann die Kommission demnach in einem Frühwarnsystem mit dem betroffenen Mitgliedsstaat Abhilfe aushandeln, bevor als ultimative Sanktion der Entzug der Stimmrechte droht.

Oettinger äußerte sich in dem Zeitungsinterview besorgt über jüngste Änderungen beim polnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. »Ein Intendant darf nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Das wäre Willkür.«

Über die Spitzenposten in den öffentlich-rechtlichen Medien in Polen soll künftig der Schatzminister und damit die Regierung entscheiden. Gegen das Gesetz, das noch die Unterschrift von Präsident Andrzej Duda benötigt, protestierten Menschenrechtsgruppen und Journalistenverbände.

Die EU-Kommission hatte sich bereits in den Streit um die Medienreform eingeschaltet. Behörden-Vizechef Frans Timmermans forderte von der Regierung Informationen zur Vereinbarkeit der Gesetzesänderungen mit EU-Recht. Schon vor Weihnachten hatte der niederländische Sozialdemokrat Warschau davor gewarnt, die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts einzuschränken. dpa/nd

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