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Nostalgie und rote Nelken

An diesem Sonntag findet die alljährliche Liebknecht-Luxemburg Demonstration statt

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.
Alle Jahre wieder: Für Sonntag ruft ein Bündnis zur LL-Demo auf. Eine Alternativveranstaltung wie in den Vorjahren wird es diesmal nicht geben. Die Kritik am Gedenkmarsch ist geblieben.

Wenn das Jahr noch in den Kinderschuhen steckt, ist es wieder so weit: Der Zentralfriedhof in Friedrichsfelde wird in ein Meer von roten Fahnen und roten Nelken getaucht. Wenn Tausende vom Frankfurter Tor bis zu den letzten Ruhestätten Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs auf der Gedenkstätte der Sozialisten am östlichen Stadtrand ziehen: Mit dem alljährlichen Gedenkmarsch erinnert ein breites Bündnis aus sich als links verstehenden Gruppierungen an die am 15. Januar 1919 von rechten Freikorpssoldaten im Tiergarten erschossenen Sozialisten Liebknecht und Luxemburg. Deren Ermordung jährt sich 2016 zum 96. Mal. »Liebknecht und Luxemburg stehen stellvertretend für die vielen Revolutionäre, die in der Umbruchssituation von 1918/19 umgekommen sind. Sie erinnern uns zudem daran, für die eigenen Ideale einzustehen und sich auch mal mit den Obrigkeiten anzulegen«, sagt Janis Walter, Bundessprecher der Linksjugend »Solid«.

Wie die Linkspartei als Ganzes, ruft auch die Organisation zum stillen Gedenken in Friedrichsfelde, nicht aber zur Teilnahme an der Demonstration auf. Und das ganz bewusst. »An dem Marsch nehmen Gruppen teil, die eine autoritäre Politik propagieren und ein nostalgisch-verstaubtes Weltbild vertreten«, so Walter. Mit Leuten, die Porträtfotos von Lenin, Stalin oder Mao vor sich her tragen, wolle man nichts zu tun haben.

Die innerlinke Kritik an der traditionellen Demo ist ein alter Hut. Schon vor Jahren hagelte es von unterschiedlicher Seite Kritik am Organisationsbündnis, das Gruppen und Einzelpersonen, die sich positiv auf Diktatoren und autoritäre Regime beziehen, toleriert werden. Da sich daran bis heute nichts geändert hat, kam es 2013 zur Spaltung. Das von der DGB-Jugend, den Jusos und Teilen von »Solid« angestoßene Alternativbündnis »Rosa und Karl« rief zu einer eigenen Demonstration auf. Nicht mehr das ritualisierte Märtyrergedenken, sondern die inhaltliche Auseinandersetzung mit den politischen Positionen der beiden Sozialisten sollte in den Vordergrund gerückt werden.

Und auch wenn es in diesem Jahr keine eigene Veranstaltung gibt, bleibt die Kritik des Alternativbündnisses aktuell. »Die LL-Demo sehen wir auch weiterhin höchst problematisch«, erklärt Annika Klose, Landesvorsitzende der Jusos. Kritisch zu sehen seien nicht nur einzelne Gruppen, sondern das ganze Konzept. »Der Demonstrationsaufruf trieft nur so von Antiamerikanismus und plattem Antiimperialismus. Islamismus und russische Aggression werden überhaupt nicht thematisiert«, sagt die 23-jährige Jungsozialdemokratin. In diesem Jahr habe sie insbesondere die Ankündigung eines eigenen »Palästinablocks« auf der LL-Demo erschreckt. Im Internet ruft die Gruppe »F.O.R. Palestine« zur Formierung eines eigenen Pro-Palästinablocks auf. In dem separaten Aufruf wird eine Verbindung zwischen den Ideen Liebknechts und Luxemburgs mit der Palästinenserbewegung hergestellt und ein Palästinenserstaat »vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer«, sprich ohne Israel, gefordert. »Die Teilnehmer dieses Blocks stellen inmitten der Demonstration unverhohlen das Existenzrecht des jüdischen Staats in Frage. Das Gedenken an Liebknecht und Luxemburg wird instrumentalisiert.«

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