Karpfen grün
Einkaufsratgeber von Greenpeace unterstützt umweltbewussten Fischkauf
Auf der Internationalen Grünen Woche werden beim Seafood-Markt besonders Kostproben vom Rotbarsch angeboten, der Meeresfisch erfreut sich großer Beliebtheit in Deutschland. Für die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist das problematisch. In ihrem am Mittwoch erscheinenden Einkaufsratgeber ist der Tiefseefisch unter Rot gelistet: auf keinen Fall essen, weil der am Boden lebende Rotbarsch mit Fangmethoden herausgeholt wird, die den Meeresboden nachhaltig zerstören. Langfristig ist damit auch der eigene Bestand gefährdet, denn Grundschleppnetze zerstören die Kinderstube der sich nur langsam vermehrenden Tiefseeart.
Damit ist der Rotbarsch nicht allein. »Vielen Fischbeständen steht das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals. Auch wenn sich einzelne Bestände gerade wieder erholen – unsere Meere stecken tief in der Krise«, sagt Greenpeace-Meeresexpertin Sandra Schöttner. 61,3 Prozent der weltweiten Speisefischbestände werden laut Welternährungsorganisation FAO bis an die Grenze genutzt, 28,8 Prozent der Bestände gelten bereits als überfischt oder erschöpft. Hinzu kommt, dass Fangmethoden wie Grundschleppnetze sensible Ökosysteme zerstören und zudem unzählige Meerestiere als unerwünschter Beifang im Netz landen.
In Deutschland werden jährlich knapp 1,13 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte konsumiert, das entspricht durchschnittlich rund 14 Kilogramm pro Person. Mit ihrem Einkaufsratgeber Fisch will Greenpeace Verbrauchern Hinweise an die Hand geben für einen bewussten Einkauf. Der ist demnach gar nicht so einfach. Zwar gibt es neben dem Rotbarsch andere Arten, die ausnahmslos als »rot« gekennzeichnet sind und ihr Verzehr damit als nicht ökologisch vertretbar eingestuft wird: Aal, Makrele und Seehecht. Ganz verzichten sollte man demnach auch auf den gängigen Alaska-Seelachs, der in vielen Fischstäbchen und Schlemmerfilets steckt. Er wird wie der Rotbarsch mit Schleppnetzen gefangen, die den Meeresboden zerstören.
Doch nicht in allen Fällen ist der Rat so eindeutig. Beispiel Dorade. Der Meeresfisch gilt als bedroht, ist er allerdings an der Küste Griechenlands oder Kroatiens nachhaltig gefangen, ist der Verzehr vertretbar. In anderen Fällen verweist der Ratgeber auf »grüne« Alternativen, etwa bei bedrohten Arten wie Lachs und Thunfisch, die zu den beliebtesten Speisefischen der Deutschen zählen. Die Empfehlung lautet, auf den pazifischen Lachs aus dem Nordostpazifik zurückzugreifen, wenn der Fisch speziell im Golf von Alaska mit Ringwaden, Schleppangeln oder Stellnetzen gefangen wurde. Oder Hering und Wels. Beide sind zwar grundsätzlich als vertretbar eingestuft. Es gibt jedoch negative Ausnahmen, wie beispielsweise Hering aus gewissen Subfanggebieten des Nordost- und Nordwestatlantiks oder Wels aus deutschen Aquakultur-Teichen.
Überfordert? »Wer eine nachhaltige Wahl treffen will, muss genau hingucken«, sagt Schöttner und plädiert an die Eigenverantwortung der Verbraucher. »Da hilft auch kein Gütesiegel.« Denn oft handelt es sich dabei lediglich um selbst entwickelte Label der Produzenten. Wer sich aktiv am Meeresschutz beteiligen, aber nicht komplett auf Fisch verzichten will, dem rät Schöttner drei Regeln zu beachten: »Selten Fisch und Meeresfrüchte essen, mit Hilfe des Ratgebers bewusst Fisch aus nachhaltiger Herkunft kaufen sowie den Handel auf im Fischratgeber rot gelistete Produkte und solche mit mangelnder Kennzeichnung hinweisen.«
Oder Karpfen servieren. Der Süßwasserfisch gilt als einzige Fischart als vertretbar und ist damit von Greenpeace ausnahmslos als »grün« eingestuft. Das liegt unter anderem daran, dass für den Aasfresser, der in Teichen aufgezogen wird, weder Fischfutter aus Wildbeständen zugefüttert werden muss, noch Jungtiere aus dem natürlichen Bestand für die Zucht gefangen werden, wie etwa beim Aal.
Leichter wird der Einkauf durch genaue Kennzeichnung. Hier sieht Greenpeace noch Umsetzungsbedarf bei der vor einem Jahr verabschiedeten EU-Kennzeichnungsvorschrift. Die Fischindustrie und auch der Handel müssten hier nachlegen, so Schöttner. Aber auch die Politik sei gefordert. »Die Bundesregierung muss die gezielte Förderung alternativer Fangmethoden stärker unterstützen.« Zudem bevorzuge das EU-Quotensystem nach wie vor die »von Wachstum getriebene« Fischindustrie. Küstenfischer dagegen arbeiteten oftmals nachhaltiger und umweltschonender.
Der Fischratgeber ist unter www.greenpeace.de/fischratgeber kostenlos bestellbar oder als App abrufbar.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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