Ein Griff in die Wundertüte

Nach dem 25:21 gegen Slowenien wollen die deutschen Handballer mehr als nur in der Hauptrunde mitspielen

Die deutschen Handballer feiern bei der EM in Polen den zweiten Sieg im dritten Spiel und ziehen souverän in die Hauptrunde ein. Zum Abschluss der Vorrunde bezwingt die DHB-Auswahl den WM-Achten Slowenien mit 25:21.

Viel ist vor dieser Europameisterschaft geschrieben worden über die Unerfahrenheit jener Handballer, die im Dienste des Deutschen Handball-Bundes in Polen um eine gute Platzierung spielen sollen: Mangelnde Länderspielerfahrung, fehlende Cleverness, zu wenig taktische Disziplin – allerlei Gründe für ein mögliches Scheitern sind dabe angeführt worden. Doch spätestens mit dem dritten Spiel der DHB-Burschen scheint sich das Blatt zu wenden und die Jugend zum Vorteil zu gereichen für die jungen Männer, die sich selbst als «eine Art Wundertüte» bezeichnen (Christian Dissinger).

Am frühen Mittwochabend bezwangen die Handballer um Kapitän Steffen Weinhold vor 6000 Zuschauern in Wrocław die Slowenen mit 25:21 (12:10). Gemeinsam mit Schweden und Spanien, die später aufeinander trafen, zog Deutschland damit in die Hauptrunde ein, die in zwei Gruppen ausgespielt wird. Ihre 2:2 Punkte aus dem Vorrundensieg gegen Schweden (27:26) nehmen die Deutschen dabei mit in die Tabellenwertung der Gruppe 2. Die nächsten Gegner sind nun Russland, Ungarn und Dänemark, gespielt wird weiterhin in der Jahrhunderthalle von Wrocław. Das Halbfinale ist immer noch in unmittelbarer Griffweite.

Das Selbstbewusstsein ist jedenfalls im Lauf der ersten fünf Turniertage deutlich gewachsen, spätestens nach dem Sieg gegen Slowenien: «Es ist ein Zeichen an die anderen Mannschaften: Dass wir alles schaffen können, wenn wir an unsere Leistungsgrenze gehen», so formulierte es Torwart Andreas Wolff (24) aus Wetzlar gegenüber den Reportern in der Halle. Wolff hatte gegen die Slowenen zwar nicht so glänzen können wie im Spiel zuvor, in dem der EM-Novize im deutschen Tor die Schweden mit 42 Prozent gehaltenen Bälle schier zur Verzweiflung gebracht hatte.

Doch seine immer noch anständige Quote von fünf gehaltenen Bällen von 21 gegen Slowenien reichte allemal aus, denn an diesem Abend präsentierten sich die Männer vor ihm umso stärker: Der Magdeburger Finn Lemke (23), Hendrik Pekeler (23) von den Rhein-Neckar-Löwen, aber auch Steffen Fäth (25) aus Wetzlar und Kapitän Steffen Weinhold (29) vom THW Kiel sicherten den Raum vor dem deutschen Tor zumeist in souveräner Weise ab: Stellungsspiel und Einsatz stimmten zu jeder Zeit, auch wenn die kleinlich pfeifenden Schiedsrichter aus Portugal mit reichlich Zeitstrafen immer wieder für überraschende Konstellationen auf dem Parkett sorgten. Fünf Zweiminutenstrafen bekam die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) allein in der ersten Halbzeit aufgebrummt.

Der selten schwärmerische Bundestrainer Dagur Sigurdsson lobte später seine Defensivabteilung: «Es war die kompletteste Abwehrleistung in diesem Turnier», sagte er im ZDF: «Das gibt Selbstvertrauen. Und man darf dann auch mal vorne ein paar Fehler machen.»

Davon hatte die deutsche Mannschaft vor allem zu Beginn des Spiels reichlich zu bieten. Zwar hatten die Slowenen ohne ihren Spielmacher Dejan Bombac angefangen, dennoch kamen die vermeintlichen «Lieblingsgegner» (noch nie gab es eine deutsche Niederlage bei EM oder WM) gut ins Spiel: Nach zehn Minuten lagen die Deutschen 2:5 hinten. Doch vier schnelle Tore später stand es dann schon 6:5 (16. Minute), und die deutschen Handballer fanden ganz langsam ihren gewohnten Rhythmus.

Mit einer 12:10-Führung kamen die Deutschen aus der Kabine und spielten immer sicherere gegen die nun offensiv verteidigenden Slowenen. Als nach mehr als 40 Minuten schließlich auch noch Sloweniens Bester, Dejan Bombac, beim Stand von 16:12 eingewechselt wurde, waren die Deutschen in ihrem Lauf längst nicht mehr aufhalten. Souverän brachten sie ihr Spiel zu Ende, auch der fleißige Linksaußen Rune Dahmke (4 Treffer) und Tobias Reichmann (bester Werfer mit 5 Toren) kamen zu erfolgreichen Abschlüssen, ebenso der unermüdliche Kreisläufer Jannik Kohlbacher (3), der mit 20 Jahren der Jüngste im Team ist.

Dass aus der Wundertüte namens DHB-Auswahl noch einiges zum Vorschein kommen könnte, deutete nun erstmals auch der sonst so kritische Bundestrainer an: «Das ist eine junge Truppe, die werden auch noch hungriger», sagte er mit einem wissenden Schmunzeln: «Mal sehen, wie die älteren Mannschaften die hohen Belastungen wegstecken.

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