Der neunte Planet
Wissenschaftler vermuten einen weiteren Himmelskörper in unserem Sonnensystem
Die Sonne hat doch neun Planeten, auch wenn Pluto kürzlich wegen seiner geringen Schwerkraft zum Zwergplaneten herabgestuft worden ist. Die für Weltraumfachleute aufregende Entdeckung machten Wissenschaftler des California Institute of Technology (CalTech). Sie gaben ihre Erkenntnisse am Mittwoch bekannt. Den Planeten, der nur berechnet, aber noch nicht gesichtet worden ist, nannten sie schlicht »Planet Neun«.
Nummer Neun ist laut den Wissenschaftlern Konstantin Batygin und Mike Brown rund zehnmal so groß wie die Erde. Er befindet sich in einer durchschnittlichen Entfernung von 90 Milliarden Kilometern auf einer Umlaufbahn um die Sonne. Das ist 20 Mal weiter als die Entfernung von Neptun zur Sonne. Ein Jahr - also der volle Umlauf um die Sonne auf einer elliptischen Bahn - dauert auf Planet Neun 15 000 Erdenjahre, heißt es in einer Erklärung von CalTech.
Auch wenn der neue Planet noch nicht direkt beobachtet worden ist, so liegen doch überzeugende Indizien für seine Existenz vor. »Wir waren am Anfang skeptisch, ob der Planet existiert«, berichtet Batygin in seiner im »Astronomical Journal« zusammen mit Brown veröffentlichten Studie. Doch die Beobachtung der Umlaufbahn und ihrer Auswirkungen am äußersten Rand des Sonnensystems seien überzeugend gewesen.
Der Planet Uranus wurde 1781 entdeckt, Neptun erst 1849. Und Pluto, der Zwergenplanet, 1930. Planet Neun ist 5000 Mal größer als Pluto. Die beiden Forscher haben ihn entdeckt, als sie die Schwerkraft beobachteten, mit der Eisbrocken und Weltallmüll im sogenannten Kuipergürtel hinter Neptun in eine Richtung angezogen wurden.
Auch Mike Brown ist begeistert. Es habe seit dem Mittelalter erst zwei wirkliche Entdeckungen von Planeten gegeben. Und Nummer Neun sei »ein richtiger Planet« mit Wirkungen im äußeren Sonnensystem. Die Erkenntnis sei »richtig aufregend« gewesen.
Auch andere Wissenschaftler teilen die Bewertung von Batygin und Brown. »Das ist der erste ernstzunehmende Hinweis auf die Existenz eines zusätzlichen Planeten im Sonnensystem«, sagt Alessandro Morbidelli vom französischen Observatorium an der Côte d’Azur, der an den Forschungen nicht beteiligt war.
Batygin und Brown überwanden ihre anfängliche Skepsis, als sie feststellten, dass eine Gruppe von sechs Asteroiden sowie weitere Objekte im Weltall sich auf elliptischen Bahnen in ein und derselben Zone im Sonnensystem bewegten. Da alle in dieselbe Richtung flogen, mussten sie von der Schwerkraft eines großen Objektes angezogen werden. Die Chancen, dass dies Zufall wäre, waren äußerst gering. »Das ist etwa so, als habe man sechs Uhren und stelle plötzlich fest, dass nach einiger Zeit alle Zeiger in dieselbe Richtung zeigen. Das ist dann kein Zufall«, versuchte sich Brown an einer simplen Erklärung.
Brown ist Astronom und arbeitet mit Teleskopen. Batygin ist Astrophysiker mit einem theoretischeren Ansatz. Beide ergänzten sich perfekt, als es darum ging, herauszufinden, warum sich diese Objekte nach einem bestimmten Muster bewegten. Man habe sich gegenseitig angetrieben, berichtet Brown: »Ich glaube nicht, dass die Entdeckung ohne diese Wechselwirkung möglich gewesen wäre.«
Nun stellt sich der Wissenschaft die Aufgabe, Planet Neun auch direkt zu finden, etwa mit einem Teleskop. Das ist nicht einfach, weil man nicht weiß, wo er sich auf seiner riesigen Umlaufbahn um die Sonne gerade befindet. Zwar haben Batygin und Brown einen Vorsprung, wären aber nicht traurig, wenn ein anderer Planet Neun zuerst ausmacht, versichert Brown. »Aber natürlich würde ich ihn am liebsten selbst finden.«
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