Sicherheitsrat beschließt Mission in Kolumbien

Kriegsparteien verhandeln noch letzte Punkte des kolumbianischen Friedensvertrags / Paramilitärische Aktivitäten überlagern den Prozess

  • David Graaff
  • Lesedauer: 4 Min.
Während die Friedensverhandlungen dort kurz vor dem Abschluss stehen, entsendet der UN-Sicherheitsrat eine unbewaffnete Mission nach Kolumbien. Indes leidet die Zivilbevölkerung unter den Paramilitärs.

Medellín. Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Befriedung Kolumbiens: Der Sicherheitsrat der UNO hat sich auf die Entsendung einer Beobachtermission nach Kolumbien geeinigt. Einstimmig plädierten die 15 Mitgliedsstaaten des Rates am Montag (Ortszeit) in New York dafür, den zukünftigen Waffenstillstand zwischen Regierung und FARC-Guerilla zu überwachen, wie die Vereinten Nationen mitteilten. Die politische Mission, die aus unbewaffneten Beobachtern besteht, soll das Ende der Kämpfe und die Niederlegung der Waffen seitens der Guerilleros kontrollieren.

Dass die UN-Beobachtermission nicht beschäftigungslos sein wird, lässt sich absehen. Allein im Zentrum der Gemeinde El Bagre sind in den vergangenen Tagen rund 600 Personen gekommen. Die meist bäuerlichen Familien hatten ihre Häuser auf dem Land verlassen, weil sich Einheiten der FARC- und der ELN-Guerilla Gefechte mit der paramilitärischen Gruppe »Los Gaitanistas« geliefert hatten. »Die Gaitanistas sind in FARC-Gebiet eingedrungen. Daraufhin haben die Kämpfe begonnen und der ELN hat die FARC unterstützt«, zitiert das Nachrichtenportal »Verdad Abierta« einen der Vertriebenen. Die Region im Norden der Provinz Antioquia, nur wenige Autostunden von der Großstadt Medellín entfernt, gilt als ein für den Drogenhandel strategisch wichtiges Gebiet. Hier wird nicht nur Koka angebaut, auch wird es von Schmuggelrouten durchzogen und in den Flussbetten findet sich Gold. Eine Polizeistation wurde nach mehreren Granatenangriffen bereits vor Monaten aufgegeben.

Die Ereignisse in El Bagre geben eine Ahnung davon, welches Szenario Kolumbien in den Monaten nach einem Friedensschluss bevorstehen könnte. Während die Kommandeure der FARC in Havanna kurz davor sind, den Friedensvertrag mit der Regierung zu unterzeichnen und damit eine Demobilisierung der ältesten Guerilla Lateinamerikas absehbar wird, setzen bereits jetzt Kämpfe um die Kontrolle der lukrativen Geschäfte der Schattenökonomie ein, in die auch Einheiten der FARC in den verschiedenen Landesteilen verwickelt sind.

Die paramilitärische Gruppe »Los Urabeños«, die Nachfolgeorganisation des vor einem Jahrzehnt offiziell demobilisierten Dachverbandes AUC, zu denen heute auch die »Gaitanistas« zählen, versucht laut einem Bericht der Nichtregierungsorganisation »Indepaz« seit Längerem, in zahlreichen Landesteilen in von FARC-Einheiten kontrollierte Gebiete vorzudringen. Dabei kommt es wie nun in El Bagre auch zu Kämpfen um deren Kontrolle.

Die FARC-Guerilla hat die Regierung bereits mehrfach dazu aufgefordert, noch vor dem Abschluss eines Friedensabkommen Maßnahmen gegen den Paramilitarismus einzuleiten und fordert die Einsetzung einer Sonderkommission, die sich nicht nur mit der Verbreitung dieser offiziell als »kriminellen Banden« bezeichneten Gruppierungen, sondern auch mit ihren Verflechtungen in Politik und Wirtschaft besonders auf lokaler Ebene beschäftigt.

Das Thema soll explizit nun bei der aktuellen Verhandlungsrunde der Friedensgespräche diskutiert werden. »Ohne den Abbau des Paramilitarismus kann es keinen Frieden geben«, betonte FARC-Sprecher Pablo Catatumbo am Wochenende und beklagte die Ermordung einer Kleinbauernaktivistin im Nordosten des Landes Tage zuvor. Die Vorgänge wecken Erinnerungen bei der Guerilla: Bereits in den 80er und frühen 90er-Jahren, nachdem die FARC-Guerilla die Linkspartei »Union Patriótica« mitbegründet hatte, wurden Tausende ihrer Aktivisten von Paramilitärs und staatlichen Akteuren ermordet. Auch jetzt könnten im Falle einer Demobilisierung die dann unbewaffneten FARC-Kämpfer schnell zur Zielscheibe werden.

»Die FARC würden den Übergang von einer bewaffneten Organisation zu einer politischen Bewegung nur schwerlich vollziehen können, ohne dass es Garantien zu einer Auflösung der paramilitärischen Strukturen gibt«, so Catatumbo.

Parallel dazu schreiten die Friedensverhandlungen in anderen Bereichen weiter voran. Die Verhandlungsdelegationen haben die Vereinten Nationen nun auch offiziell gebeten, die bevorstehende Einstellung der Kampfhandlungen zwischen Rebellen und Militärs mit einer Beobachtermission zu überwachen und wenige Tage später entließ die Regierung wie angekündigt 17 inhaftierte FARC-Kämpfer aus dem Gefängnis. Andere Mitglieder der Verhandlungsdelegation sind bereits zu den Einheiten in Kolumbien gereist, um »Friedenspädagogik« zu betreiben. Sie sollen den eigenen Leuten die bisher in Havanna getroffenen Vereinbarungen zur Agrarpolitik, dem Drogenhandel, der politischen Beteiligung und der Übergangsjustiz näherbringen.

Unklar ist hingegen, ob die Unterzeichnung des Friedensabkommens wie von der Regierung von Präsident Santos geplant, Ende März stattfinden wird. Noch stehen wichtige Punkte wie das Vorgehen bei der Entwaffnung, die Volksabstimmung über das Friedensabkommen und die Klärung von Detailfragen wie zum Landbesitz ausländischer Unternehmer auf der Verhandlungsagenda.

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