Alte Stars auf bunter Piste

Berlins Sechstagerennen erscheint nach dem Verkauf zunächst gerettet

  • Manfred Hönel
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sind alle wieder da, nur sitzen sie auf einem anderen Ast. So könnte der heutige Start beim 105. Berliner Sechstagerennen umschrieben werden. Traditionell beliebte Bahnradduos wie die Favoriten Roger Kluge und Marcel Kalz (Berlin) lassen ebenso wieder die Waden kreisen wie die Sprinter Robert Förstemann oder Steher Stefan Schäfer (Cottbus) im Nebenprogramm. Und auch bei den Frauen steht ein Weltklassefeld am Start.

Für eine bunt beklebte Bahn sorgte diesmal Rainer Schnorfeil. Der Bremer hat das Sechstagerennen mittlerweile an den Londoner Mark Darbon verkauft und zog sich auf die Stelle des Marketingchefs zurück. Den Posten füllt er offensichtlich erfolgreich aus, denn die Sponsorenschar ist wieder angewachsen. Viele Verträge und auch die mit dem Velodrom sind mindestens auf die Jahre 2020 oder gar 2022 fixiert. Eine wichtige, weil langfristige Sicherheit, hatte sich Schnorfeil doch vor knapp einem Jahr noch öffentlich beschwert. »Bevor wir das erste Ticket verkauft haben, müssen wir schon zwei Millionen Euro hinlegen, um die Veranstaltung überhaupt durchführen zu können«, forderte er damals mehr Unterstützung vom Berliner Senat. Allein die Hallenmiete sei damals um mehr als 100 000 Euro erhöht worden, hinzu kamen gestiegene Kosten für Energie und GEMA-Gebühren.

»Das Sechstagerennen darf nicht sterben. Es ist nicht nur in Berlin Kult«, ist Olympiamedaillengewinner Roger Kluge froh, dass es zunächst gerettet scheint. Der Lokalmatador muss sich noch ans heimische Klima gewöhnen, trat er bis Sonntag doch noch unter der Hitzeglocke Australiens in die Pedalen.

Derweil feiert das Berliner Velodrom an der Landsberger Allee ein Jubiläum: Zum 20. Mal dreht sich das Sechs-Tage-Karussell nun schon an dieser Stelle. Losgefahren waren die Radflitzer 1896 in den Berliner Zoo-Festsälen. Es folgten die Hallen am Funkturm und der legendäre Sportpalast, wo das »Winter Praterleben« (Sportpalastwalzer) zum ersten Mal die Ehrenrunden der Pedaleure begleitete. Danach ging es in die Deutschland-Halle und vor nunmehr 20 Jahren ins Velodrom. Die 250-m-Piste steht auf dem traditionsreichen Boden der ehemaligen Werner-Seelenbinder-Halle, in der einst Radstars wie die Weltmeister Gustav-Adolf »Täve« Schur, Uwe Ampler, Bernd Drogan, Uwe Raab, Steffen Blochwitz oder Lutz Heßlich mit spannenden Rennen überwinterten - Mallorca war damals noch kein Thema. Weltklasse ließ sich aber offensichtlich auch im kalten Berlin formen.

Auf den Spuren seines Vaters, zumindest ein bisschen, wandelt Nico Heßlich. Der 25-Jährige tritt mit dem erfahrenen Münchner Christian Grasmann an. »Wir wollen das Sechstagerennen durchaus etwas anheizen«, ließ Grasmann die Journalisten wissen. Sprinter Robert Förstemann will wieder seine Muskeln spielen lassen. »Ich möchte als erster Rennfahrer die Bahn in einer Zeit unter 12,4 Sekunden umrunden«, setzte sich der 29-jährige Rennfahrer aus Gera ein hohes Ziel. Wenn er es schafft, ist sein eigener Bahnrekord von 12,441 Sekunden nach dieser Sechstage-Woche Geschichte.

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