Im Nordosten keine Wahl mit 16
CDU und SPD lehnen Senkung der Altersgrenze bei Abstimmungen über den Landtag ab
»Es ist wichtig, dass die junge Generation aktiv am politischen Leben teilnimmt, damit wir auf die Zukunft in unserem Land Einfluss nehmen können.« So posaunt Mecklenburg-Vorpommerns Junge Union im Internet. Ihre Väterpartei jedoch, die CDU, versperrt 16- und 17-Jährigen nach wie vor die Teilnahme an der Landtagswahl und verhindert so ein wesentliches Stück der propagierten Einflussnahme. Nicht nur, dass die Union im Schweriner Landtag die von den Grünen angeregte Senkung des Wahlalters verwarf - die CDU war nicht einmal dazu bereit, die Sache im Fachausschuss zu diskutieren.
Als folgsamer Partner im Regierungsbündnis machten die Sozialdemokraten brav den Koalitionskotau, sagten ebenfalls Nein zur Wahl mit 16, lehnten gleichfalls artig die Diskussion im Ausschuss ab.
Offensichtlich zähneknirschend, hatte Patrick Dahlemann (SPD) doch bekannt, seine Fraktion begrüße den Antrag der Grünen. Das begründet der Abgeordnete unter anderem mit Zahlen aus einer aktuellen Jugendstudie des Shell-Konzerns. Danach sind 41 Prozent der befragten jungen Menschen politisch stark interessiert, 72 Prozent sehen in der Wahlbeteiligung eine Bürgerpflicht.
Konsens unter den Parteien bestehe im Wunsch, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, konstatierte Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr. Ein Schlüssel dazu sei die Herabsetzung des Wahlalters. Belegt werde das durch Erfahrungen in Brandenburg, Bremen und Hamburg, wo die Landesparlamente bereits von 16-Jährigen gewählt werden dürfen. Doch allein mit dem Wahlalter 16 sei es nicht getan, sagte Suhr. Parallel dazu solle das Land das politische Interesse der jungen Menschen fördern. Geschehen könne das beispielsweise in den Schulen durch Podiumsdiskussionen mit jungen Politikern. Ein Begleiten künftiger Jungwähler auf ihrem Weg als politisch verantwortungsvolle Menschen wünscht sich auch Barbara Borchardt von der Linksfraktion. Solch eine Begleitung fange zu Hause an. Die Erwachsenen müssten vorleben, dass sie auf ihr Wahlrecht nicht verzichten, mahnte die Politikerin. Eine Herabsetzung des Wahlalters sei für junge Menschen das Signal: Wir haben Vertrauen zu euch. Wer die Diskussion über das Wählen mit 16 so verbaue, wie es die Regierungsparteien machten, schaffe Misstrauen und womöglich »lebenslange Nichtwähler«.
Angesprochen von dieser Mahnung dürfte sich Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) gefühlt haben, der polemisierte: Je mehr Lebenserfahrung Menschen haben, desto weniger wählten sie Grün. Und wenn die Grünen nun Fahrtests für Senioren forderten, dann würden ihnen noch mehr Wähler verloren gehen. Die Oppositionspartei, so Caffier, fordere die Senkung des Wahlalters aus Angst, nicht die Fünf-Prozent-Marke für den Verbleib im Parlament zu erreichen.
Pro Wahlalter 16 plädierte David Petereit (NPD). Für ihn bot das Thema eine günstige Gelegenheit, auf »krankhafte Ausläufer des BRD-Föderalismus« einzudreschen - mit Blick auf das unterschiedliche Wahlalter, das nun auch in Mecklenburg-Vorpommern vorerst bei 18 Jahren bleiben wird. Wie in Niedersachsen. Auch dort war die Senkung unlängst im Landtag gescheitert, weil die erforderliche Verfassungsänderung von zwei Dritteln aller Abgeordneten beschlossen werden müsste. Dazu hätten SPD und Grüne die Unterstützung der schwarz-gelben Opposition benötigt; die aber sagte Nein.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.