In Myanmar tritt neues Parlament zusammen

Demokratische Wende nach Jahrzehnten der Militärdiktatur / Militär kontrolliert weiter wichtige Ministerien

  • Lesedauer: 2 Min.
Nach dem historischen Sieg der Nationalen Liga für Demokratie konstituiert sich am Montag das neue Parlament. Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wurde gemeinsam mit den anderen Mandatsträgern vereidigt.

Naypydaw. In Myanmar ist erstmals das neugewählte Parlament zusammengetreten, in dem die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi die Mehrheit hat. Die Abgeordneten der NLD trafen am Montag in orangene Uniformen gekleidet in dem riesigen Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Naypyidaw ein. Die NLD hatte über Jahrzehnte den Kampf für Demokratie gegen die regierende Militärjunta angeführt und bei der Parlamentswahl im November einen historischen Sieg errungen.

Die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi wurde bei der kurzen Sitzung gemeinsam mit den anderen Mandatsträgern vereidigt. Zudem wurde ihr enger Vertrauter Win Myint zum Parlamentspräsidenten gewählt. »Heute ist ein Tag, um stolz auf Myanmars politische Geschichte und den demokratischen Übergang zu sein«, sagte Win Myint. Die erste wichtige Entscheidung des Parlaments wird die Wahl eines neuen Staatspräsidenten sein.

Suu Kyi ist gemäß der noch vom Militär geschriebenen Verfassung von der Kandidatur zur Präsidentenwahl ausgeschlossen, weil sie mit einem Ausländer zwei Kinder hatte. Sie hat aber angekündigt, einen Vertrauten als ihren Statthalter in das oberste Staatsamt wählen zu lassen. Die 70-jährige Demokratieikone könnte zudem versuchen, die Verfassung zu ändern, um selbst Präsidentin werden zu können.

Allerdings kontrolliert das Militär weiter wichtige Ministerien und stellt gemäß der Verfassung 25 Prozent der Abgeordneten im Parlament. Experten warnen, dass die NLD vor riesigen Herausforderungen steht. Viele ihrer Abgeordneten haben keine politische Erfahrung und die Wähler erwarten, dass die neue Regierung rasch ihr Versprechen auf politischen Wandel und wirtschaftliche Entwicklung in dem verarmten südostasiatischen Staat einlöst.

Noch am Donnerstag letzter Woche hatte das scheidende Parlament in Myanmar ein umstrittenes Gesetz zur Immunität ehemaliger Staatsoberhäupter verabschiedet. Mit dem Votum vom Donnerstag sicherte die bisherige Regierung damit kurz vor dem Machtwechsel auch Ex-Diktatoren Freiheit vor Strafverfolgung.

Internationale Menschenrechtsorganisationen haben den Gesetzesvorstoß scharf kritisiert. Fast ein halbes Jahrhundert lang wurde Myanmar von einer Militärjunta regiert. Die Vereinten Nationen, Menschenrechtsorganisationen sowie Völkerrechtsexperten werfen den Generälen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. So wurden im Bürgerkrieg ethnische Minderheiten systematisch vertrieben oder Vergewaltigungen vom Militär gezielt als Kriegswaffe eingesetzt.

2011 hatten die Generäle Myanmars überraschend eine Demokratisierung eingeleitet. Bei den Wahlen im November 2015 errang die Nationale Liga für Demokratie von Aung San Suu Kyi einen überwältigenden Sieg. Agenturen/nd

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