Schicksalswahl für Sanders in Iowa
Iowa läutet US-Vorwahlen ein / Knappes Rennen zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders erwartet / Umstrittene Milliardär Donald Trump führt in Umfragen bei Republikanern
Im US-Bundesstaat Iowa haben Demokraten und Republikaner der ersten Entscheidung im Präsidentschaftsrennen entgegen gefiebert. Die Favoritin für die demokratische Nominierung, Hillary Clinton, machte am Sonntagabend in Des Moines erneut deutlich, dass sie die nötige Erfahrung für das Weiße Haus mitbringe. Bei den Republikanern richteten sich alle Blicke auf das Abschneiden des umstrittenen Milliardärs Donald Trump bei der Vorwahl am Montag.
»Ich kenne die schweren Entscheidungen, die ein Präsident treffen muss«, sagte Clinton vor mehr als 2600 Anhängern in Des Moines. Mit Blick auf ihren Rivalen Bernie Sanders erklärte sie: »Ich glaube nicht, dass Amerika warten kann auf Ideen, die sich auf dem Papier gut anhören, aber die wegen des Stillstands in Washington nicht umgesetzt werden.«
Der linke Senator Sanders setzt sich für eine tiefgreifende Umverteilung des Reichtums und eine grundlegende Reform des Wahlspendensystems in den USA ein. Bei einem Auftritt vor 1700 Menschen in Des Moines versprach er am Sonntagabend erneut eine »politische Revolution«. Die Wirtschaft sei zu Gunsten der Superreichen »gezinkt«, kritisierte er. »Wir alle werden der Milliardärskaste sagen: Ihr könnt nicht alles haben.«
Clinton liegt in landesweiten Umfragen vor Sanders, in Iowa aber hat sie laut einer aktuellen Umfrage der Zeitung »Des Moines Register« mit 45 Prozent nur drei Prozentpunkte Vorsprung vor dem Senator aus Vermont. Der 74-jährige selbsterklärte »demokratische Sozialist« kommt besonders bei jungen Wählern gut an. Der dritte Bewerber bei den Demokraten, Marylands Ex-Gouverneur Martin O'Malley, ist abgeschlagen.
Am Sonntagabend dankte Sanders seinen 15.000 Wahlkampfhelfern in Iowa. »Der Grund, warum wir diesen Schwung und diese Begeisterung haben, ist das, was ihr geleistet habt.« Der Senator erwähnte Clinton in seiner Rede mit keinem Wort, ging aber Trump scharf an. Die »rassistischen und fremdenfeindlichen« Äußerungen des Immobilientycoons seien »nicht akzeptabel.«
Meinungsforscher sehen Trump seit Monaten an der Spitze des republikanischen Bewerberfeldes. In der »Des Moines Register«-Umfrage kommt der Milliardär auf 28 Prozent und liegt damit fünf Prozentpunkte vor dem erzkonservativen Senator Ted Cruz. An dritter Stelle mit 15 Prozent liegt der als relativ moderat geltende Senator von Florida, Marco Rubio.
Cruz trat am Sonntagabend vor mehr als tausend Anhängern in Iowa auf. »Überall im Land wachen die Leute auf, und die Hilfe ist auf dem Weg«, sagte der Senator aus Texas. Cruz hofft vor allem auf die evangelikal-christlichen Wähler, die bei den Republikanern in Iowa eine wichtige Rolle spielen.
Insgesamt bewerben sich zwölf Politiker um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, die meisten von ihnen liegen in Umfragen aber deutlich unter zehn Prozent. Der frühere Senator Rick Santorum, der vor vier Jahren die Vorwahl in Iowa gewonnen hatte, gab sich dennoch kämpferisch: »Ich habe keine Absicht, aus dem Rennen auszuscheiden«, sagte er bei einem bescheidenen Auftritt vor einem Dutzend Unterstützern in einem Privathaus am Rande von Des Moines.
Überall in Iowa trifft sich am Montagabend (Ortszeit) die Basis beider Parteien in Schulen, Kirchen oder Bibliotheken zu Wahlversammlungen, um über die Bewerber und ihre Programme zu diskutieren und anschließend abzustimmen. Insgesamt halten Republikaner und Demokraten in knapp 1700 Stimmbezirken einen sogenannten Caucus ab. Die Ergebnisse werden in der Nacht zum Dienstag erwartet.
Die Wahlbeteiligung könnte dabei ausschlaggebend für das Ergebnis werden. Eine hohe Wahlbeteiligung hilft nach Auffassung der Meinungsforscher Trump bei den Republikanern und Sanders bei den Demokraten. Nicht zuletzt könnte das Wetter eine entscheidende Rolle spielen. Für die Nacht zum Dienstag waren heftige Schneestürme über dem Mittleren Westen angekündigt.
In dem Bundesstaat mit seinen knapp über drei Millionen Einwohnern sind grundsätzlich rund zwei Million im wahlfähigen Alter von mindestens 17 Jahren (Teilnehmer müssen 18 sein, wenn am 8. November der Präsident auf Bundesebene gewählt wird.). Registriert haben sich bisher in Iowa 1,2 Millionen Wähler - in etwa hälftig aufgeteilt auf Unterstützer von Demokraten und Republikanern. Wegen des Caucus-Systems, werden längst nicht alle potenziellen Wähler kommen.
2012 waren von 614.000 registrierten Republikanern nur 121.000 zum Caucus gegangen. 2008 kamen bei den Republikaner 119.000 von 576.000 registrierten Wähler. Bei den Demokraten hatte der Zweikampf zwischen Barack Obama und Hillary Clinton 240.000 von 606.000 registrierten Wählern angelockt.
Iowa macht nur den Auftakt der Vorwahlen, nach und nach stimmen Wähler in allen 50 Bundesstaaten ab. Demokraten und Republikaner nominieren ihren Präsidentschaftsanwärter dann bei den Wahlparteitagen im Juli. Am 8. November findet die Präsidentenwahl statt, zu der der Amtsinhaber Barack Obama nach zwei Amtszeiten selbst nicht mehr antreten darf. Agenturen/nd
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