Erinnerungen eines alten Mannes

Werder Bremen bezwingt dank Claudio Pizarro Bayer Leverkusen im Pokalviertelfinale

  • Andreas Morbach, Leverkusen
  • Lesedauer: 3 Min.

Um eine zügige Antwort ist Claudio Pizarro nie verlegen. Bei seiner persönlichen Historie als Strafstoßschütze kommt der 37-Jährige aber doch ins Grübeln. Klar, der jüngste Hattrick vom Kreidepunkt - in den Ligaspielen gegen Berlin und Mönchengladbach, dazu nun bei Werder Bremens 3:1 im Pokal in Leverkusen - ist ihm noch gut in Erinnerung. Aber der letzte verschossene Elfmeter? Pizarro muss lange überlegen, ehe er den dunklen Moment in seinem Gedächtnis freigelegt hat: Im September 2012 scheiterte er im WM-Qualifikationsspiel mit Peru an Argentiniens Schlussmann Sergio Romero. »Aber insgesamt«, betont Pizarro, »habe ich schon eine gute Quote.«

Den Bremern ebnete die Treffsicherheit ihres fröhlichen Oldies zum 2:1 kurz vor der Pause den Weg ins erste Pokalhalbfinale seit sechs Jahren. Nicht umsonst hatten ihn die Teamkollegen in der Winterpause zum Elfmeterschützen befördert. Und weil Pizarro eben Pizarro ist, übersprang er die Runde der letzten Vier großzügig und landete in seinen Gedanken direkt im Berliner Olympiastadion. Acht Mal stand der Angreifer schon im Finale (bei Teilnahme Nummer neun wäre er alleiniger Rekordhalter), sechs Mal stemmte Pizarro den Pokal als Sieger in die Hauptstadtluft. Und nun stand er im Untergeschoss der Leverkusener Arena und erklärte selbstsicher: »Wir haben gezeigt, dass wir dran sind.«

Aus dem Stadion drangen da noch immer die lauten Gesänge der Bremer Fans herüber. Die Besucher aus der Hansestadt wollten gar nicht aufhören zu feiern, so erbaut waren sie von der Leistung ihrer Elf, die so gar nichts mit einer Mannschaft zu tun hatte, die gerade gegen den Abstieg kämpft. Aber Pokal ist eben nicht Klassenkampf, sondern die Gelegenheit für ein paar schöne Stunden jenseits des mühseligen Alltags. »In Leverkusen hatten wir nichts zu verlieren. Das ist anders als im Abstiegskampf, das ist ein positiver Druck«, erklärte Manager Thomas Eichin das seltsame grün-weiße Paralleluniversum.

Zwar profitierten die Hanseaten davon, dass Leverkusen nach seiner 1:0-Führung mit der kurzen Schwächephase des Gegners fahrlässig umging, ja den möglichen ersten Pokalsieg über Werder im sechsten Aufeinandertreffen regelrecht verschleuderte. Teil der Wahrheit ist aber auch, dass die Rheinländer die Stärke des Teams von Viktor Skripnik nicht erkannten. Dabei hätten sie es angesichts mancher kraftvollen, selbstbewussten Auftritte der Bremer, etwa im Achtelfinale in Gladbach (4:3) oder zum Rückrundenstart auf Schalke (3:1), besser wissen müssen.

Deutlich geschickter stellten sich ihre Gäste an, auch als der Ball vorübergehend ruhte. »Ich habe in der Halbzeit darüber gesprochen, wie schön es ist, den Pokal zu gewinnen«, berichtete Pizarro. Neben seiner eindrucksvollen Cup-Historie ist er zudem der ausländische Spieler mit den meisten Bundesligatoren (182) und -spielen (400). Die weniger erfahrenen Zuhörer lauschten seinen Worten und legten sich nach der Pause gleich noch mehr ins Zeug. »Heute hat alles geklappt, alles gepasst. Das ist Wahnsinn für uns«, freute sich Trainer Skripnik nach dem Triumph über die Werkself, richtete den Blick aber sogleich auf den kommenden Samstag.

Dann gastiert der Vorletzte Hoffenheim, bei dem Cheftrainer Huub Stevens am Mittwoch zurücktrat, beim Drittletzten in Bremen. Dort, wo den Pokalhelden vom Dienstag das Siegen deutlich schwerer fällt als in der Fremde. »Wir wissen, dass wir Fußball spielen können. Jetzt müssen wir liefern«, fordert Skripnik seine Mannschaft auf. Und auch deren geistiger Führer Claudio Pizarro sagte: »Wir brauchen diese Punkte ganz dringend.«

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