Youtuber wegen Volksverhetzung verurteilt
Videoblogger Julien Sewering erhält Freiheitsstrafe von acht Monaten und muss 15.000 Euro Geldstrafe zahlen
Als der, besonders unter jüngeren Zuschauern bekannte, Youtuber Julien Sewering im Mai 2015 einen Kommentar zum damals laufenden Streik der Lokomotivführergewerkschaft GDL ins Netz stellte, verteidigten viele seiner Fans die Äußerungen des Videobloggers als »Satire« oder »schwarzen Humor«.
Doch was der Betreiber von JuliensBlog meinte, sagen zu müssen, war weder witzig, noch von der künstlerischen Freiheit gedeckt: »Wisst ihr noch, wie die Juden mit Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugführer alle dorthin bringen. Ich fahr auch den Zug, und zwar umsonst. Und werde nicht einmal streiken«, kommentierte Julien den GDL-Streik. Dann die klare Aufforderung: »Vergasen sollte man diese Mistviecher.«
Für diese Aussagen wurde der Videoblogger gleich mehrfach wegen des Verdachts der Volksverhetzung angezeigt. Das Amtsgericht Tecklenburg in Nordrhein-Westfalen hatte nun in dem Fall zu entscheiden und verurteilte Sewering. Wegen Volksverhetzung erhält er nicht nur eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren ausgesetzt wurde, sondern muss zudem 15.000 Euro Strafe zahlen.
Die Staatsanwaltschaft warf Sewering vor, er habe sich vor allem in dieser Form geäußert, um damit höhere Klickzahlen zu erreichen. Zudem habe er im verlauf der Verhandlung keinerlei Reue gezeigt und sich zudem nicht einmal darum bemüht, den fragwürdigen Clip zu löschen. Viele Beiträge des Videobloggers erreichen mehr als 1,5 Millionen Zuschauer, verbale Entgleisungen gehören zum Standardrepertoire des umstrittenen Bloggers.
Laut den »Westfälischen Nachrichten« berief sich Sewering vor Gericht darauf, er habe nicht gewusst, dass seine Äußerungen in Deutschland strafbar sein könnten. Das Video sei »witzig gemeint« gewesen, der Blogger gab vor Gericht außerdem an, bereits viel heftigere Clips produziert zu haben, die allerdings keinen Bezug zur Nazi-Zeit hätten. Für Sewering war also alles nur ein Spaß. (Nicht) nur für das Gericht jedoch ein klarer Fall von Volksverhetzung. Der betreffende Clip wurde inzwischen vom offiziellen Youtube-Kanal gelöscht, ist auf der Plattform allerdings über Umwege noch abzurufen.
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