Nachbar Polen
Klaus Joachim Herrmann über den Besuch der Premierministerin in Berlin
Das deutsch-polnische Verhältnis hat trotz aller Konflikte und jeder noch so berechtigten Sorge um die rasende rechtskonservative Entwicklung im Nachbarland noch immer Behutsamkeit und Respekt verdient. Es ist nicht nur schwierig und abgekühlt, sondern hat vor allem eine lange Geschichte. Selbst Ungeheuerliches, das andernorts überwunden scheint, verdrängt oder auch ganz vergessen ist, wird in Polen wohl niemals aus der Erinnerung getilgt sein. Schon daran lässt sich der Wert des in den Nachkriegsjahrzehnten wiedergewonnenen Vertrauens ermessen.
Wenn europäische Institutionen die Einhaltung der EU- Regeln bei einem Mitglied prüfen, ist das in Ordnung. Rüpeleien aus Deutschland, die Androhung finanzieller Konsequenzen oder Spott unter der Narrenkappe sind es nicht. »Demokratie nach Putins Art« sollte verletzen, und die arrogante Forderung, »Polen unter Aufsicht (zu) stellen«, beleidigte. Einer auf diese Art angegriffenen Politik werden nur neue Anhänger zugetrieben.
Dabei schaffte Beata Szydlo ihren Antrittsbesuch in Berlin zwar nicht nach ein paar Tagen, aber nach drei Monaten. Bundespräsident Gauck kam in fast vier Jahren nicht bis Moskau. Sollte sich der Umgang mit Polen wie der mit Russland entwickeln, müsste einem um die Nachbarschaft mit dem Osten wieder einmal angst und bange werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.