Bamberg: Nazi-Szene wollte Linke »plattmachen«
Grünen-Anfrage im bayerischen Landtag offenbart neue Details zu Ermittlungen gegen mutmaßliche rechte Terrorzelle in Franken
Lange Zeit war es in der Öffentlichkeit eher ruhig um die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden gegen jene 13 Neonazis geworden, die am 21. Oktober 2015 von der Polizei im bayerischen Bamberg festgenommen wurden. Dabei liefern die erhobenen Vorwürfe weiterhin allen Grund zur Beunruhigung: Die fränkische Neonazi-Zelle steht im Verdacht, mehrere Anschläge gegen Flüchtlinge und die linke Szene geplant zu haben.
Eine Anfrage der bayerischen Grünen im Landtag ergab nun, dass sich die Vorwürfe im Verlauf der Ermittlungen offenbar erhärten. Mehr noch: Wie das Portal infranken.de aus der Antwort der bayerischen Staatsregierung zitiert, hat die Polizei wohl durch ihre umfassende Razzia im Oktober 2015 in Bamberg und Nürnberg einen wahrscheinlich unmittelbar bevorstehenden Anschlag verhindert. Dies zumindest geht aus laut Grünen-Anfrage aus der Vernehmung eines der 13 Festgenommenen hervor. Der Verdächtige habe demnach erzählt, dass am 31. Oktober ein Überfall auf den linken Szenetreff »Café Balthasar« in Bamberg geplant gewesen sei. Der Verdächtige sagte demnach aus, die Gruppe habe den Treffpunkt erst stürmen wollen, um diesen schließlich »plattzumachen«. Es wäre nicht der erste rechte Übergiff auf den linken Szenetreff. Erst im Juni 2015 hatten sieben Vermummte einen Vortrag zum Thema NSU im »Cafe Balthasar« gestört und Fotos der Besucher angefertigt. Da die Veranstalter die Eingangstür verschlossen, konnten die Störer das Haus allerdings nicht betreten.
In seiner Vernehmung gab der Tatverdächtige zudem an, die Gruppe habe Übergriffe auf zwei Bamberger Flüchtlingsunterkünfte geplant. Nach eigener Aussage sollte dafür illegale Pyrotechnik aus Tschechien zum Einsatz kommen. Es sei allerdings nie beabsichtigt gewesen, bei der Attacke Menschen zu verletzten, sondern lediglich »Angst und Schrecken« zu verbreiten. Ob diese Darstellung allerdings der Wahrheit entspricht, darf bezweifelt werden: Bei ihrer Razzia im Oktober stellten die Polizei neben mehreren Schusswaffen mit Munition auch Baseballschläger und Stichwaffen sicher. Eine Woche zuvor fingen die Ermittler zudem ein Paket mit Kugelbomben ab. Letztere bezeichnete die Polizei als »höchst gefährliche Explosionsmittel«, mit der sogar Menschen getötet werden könnten.
Wie die bayerischer Staatsregierung in ihrer Antwort an die Grünen weiterhin schreibt, werde weiterhin gegen alle 13 Tatverdächtigen ermittelt. Neun von ihnen wird die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit »rechtsextremistischen Zielen« vorgeworfen, mehreren Personen zudem die »Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens«.
Ohnehin scheinen einige Tatverdächtige für die Ermittler keine völlig Unbekannten zu sein: Einige Mitglieder der Nazi-Zelle wurden in der Vergangenheit bereits unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt. In einem Fall wurde einer der aktuell Verdächtigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung zu drei Wochen Jugendarrest verurteilt.
Einige der Tatverdächtigen haben ohnehin bereits eine teils mehrjährige »Karriere« in der rechten Szene hinter sich. Unter den Verdächtigen befinden sich mehrere Funktionäre der rechtsradikalen Partei »Die Rechte«, die wiederum in Bayern Verbindungen zu mehreren Pegida-Ablegern pflegt.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.