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Högl unterstützt Grünen-Idee eines »Freiheitsdienstes«
Wehrbeauftragte des Bundestags wirbt für Dienstpflicht und weniger Freiwilligkeit beim Wehrdienst
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, unterstützt einen Vorstoß der Grünen aus Bayern für einen verpflichtenden »Freiheitsdienst«. Sie finde den Vorschlag »sehr, sehr gut«, sagte die SPD-Politikerin am Montag im Deutschlandfunk. Das sei auch das, wofür Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seit Jahren werbe. Alle Menschen im Land sollten eine Zeit lang etwas »für die Gesellschaft tun«, so Högl.
Die Vorsitzende und der innenpolitische Sprecher der bayerischen Grünen-Fraktion, Katharina Schulze und Florian Siekmann, hatten sich für einen verpflichtenden »Freiheitsdienst« ausgesprochen. Sie schlugen am Sonntag vor, dass alle Frauen und Männer irgendwann zwischen 18 und 67 Jahren mindestens sechs Monate Dienst tun sollen, entweder bei den Streitkräften oder im Bevölkerungsschutz, bei der Feuerwehr oder Hilfsorganisationen oder in Form eines »Gesellschaftsdienstes«. Schon abgeleistete Dienste sollen angerechnet werden.
Högl geht mit ihren Vorschlägen über das hinaus, was ihre Partei in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU vertritt. Die SPD pocht dort auf Freiwilligkeit und will eine gesamtgesellschaftliche Diskussion zur Einführung eines neuen Dienstes. Dagegen hält die Union einen raschen Aufwuchs der Streitkräfte für notwendig und will deshalb die 2011 erfolgte Aussetzung der Wehrpflicht beenden.
»Die Bundeswehr braucht keine 18-Jährigen, die gerade so ein Sturmgewehr halten können. Im 21. Jahrhundert braucht sie hoch spezialisierte Kräfte.«
Philip Türmer Juso-Vorsitzender
Die Wehrbeauftragte betonte indes, sie unterstütze das Konzept des jetzt geschäftsführenden Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD), zunächst alle jungen Menschen anzuschreiben und nach ihrem Willen und ihren Fähigkeiten für einen Dienst bei der Bundeswehr zu befragen. Für junge Männer soll das Zurücksenden einer Antwort nach dem vom bisherigen Kabinett noch beschlossenen Gesetzentwurf verpflichtend sein, für Frauen freiwillig, weil die Wehrpflicht für Männer bislang der einzige laut Grundgesetz mögliche Dienst ist, zu dem Personen verpflichtet werden dürfen. Dies wäre eine Möglichkeit, einen »leichten Zwang einzubauen«, sagte Högl – »ein bisschen Pflicht«, aber »trotzdem mit Freiwilligkeit«. Allerdings reicht dies längerfristig aus ihrer Sicht nicht aus.
Högl findet es auch nicht mehr zeitgemäß, nur Männer zu adressieren. Sie räumte aber ein, dass eine Wehrpflicht für alle wegen der dazu notwendigen Grundgesetzänderung mit den neuen Mehrheiten im Parlament schwer zu realisieren sei.
Der Chef der SPD-Nachwuchsorganisation hat sich derweil gegen jeden Zwangsdienst ausgesprochen. »Wehr- oder Dienstpflichten sind Scheinlösungen«, sagte der Juso-Vorsitzende Philip Türmer dem Online-Magazin Politico am Montag. »Die Bundeswehr braucht keine 18-Jährigen, die gerade so ein Sturmgewehr halten können. Im 21. Jahrhundert braucht sie hoch spezialisierte Kräfte.« Die Truppe müsse deshalb attraktiver werden. mit Agenturen
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