Kabinett Jazenjuk im Sturzflug
Klaus Joachim Herrmann über die Krise der Macht in der Ukraine
Noch vor der Rechenschaft des Premiers im Parlament drängte der ukrainische Präsident das Kabinett zum Rücktritt. Es gehe darum, »das Vertrauen in die Regierung wieder herzustellen«. Deutlicher kann Misstrauen kaum sein. Geteilt wurde es von Demonstranten, die sich auf den Weg zum Parlamentsgebäude machten. Da war der Generalstaatsanwalt zurückgetreten, doch der Ausgang der Machtprobe ungewiss. Der Antrag auf das Misstrauensvotum erhielt 158 Stimmen, brauchte dann aber die Mehrheit von 226 Stimmen.
Allerdings fordert die Bilanz der Regierung ihre Entlassung heraus. Wirtschafts- und Lebenslage sind schlecht, die Kassen leer, am Konflikt im Donbass nicht nur die Russen schuld. Rücktritte häufen sich. Beste Freunde wie US-Vizepräsident Biden bettelten fast schon um Maßnahmen gegen Korruption. Mit der Forcierung des Machtwechsels in Kiew und der Einsetzung ihres Günstlings Jazenjuk als Premier steht Washington in der Verantwortung.
Der Präsident will eine neue Regierung mit der alten Koalition. Die »Volksfront« ist aber nicht nur stärkste Fraktion im Parlament, sondern auch die Partei des Premiers. Das sieht nach Etikettenschwindel aus und dem Versuch des Präsidenten, sich noch in letzter Minute von der politischen Pleite abzusetzen. Die in Bewegung geratene Lawine kann ihn aber mitreißen. Nicht nur die Regierung ist im Sturzflug, sondern die ukrainische Macht in der Krise.
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