Frieden mit den Geiern
Argentiniens Regierung zahlt Hedgefonds zu besseren Konditionen als andere Gläubiger aus
Buenos Aires. Die argentinische Regierung hat eine Versöhnung im Schuldenstreit mit US-Hedgefonds verkündet. Die Regierung werde noch diese Woche eine entsprechende Gesetzesvorlage in den Kongress einbringen, kündigte Finanzminister Alfonso Prat-Gay am Montagabend (Ortszeit) in Buenos Aires an. Die Fonds wollten die Einigung zwar nicht bestätigen. Jedoch erklärte der von einem New Yorker Gericht bestellte Vermittler Daniel Pollack, die Parteien hätten eine Grundsatzeinigung unterzeichnet.
Anfang Februar hatte die Regierung den sechs Fonds, die sich einer Umschuldung alter Staatstitel verweigerten, eine Tilgungssumme von zusammen 6,5 Milliarden Dollar angeboten. Angesichts der Summe aus Verbindlichkeiten und angelaufenen Zinsen von 9 Milliarden Dollar bedeutet dies einen Nachlass von 25 Prozent. Zwei Hedgefonds nahmen damals das Angebot an. Offen blieb die Entscheidung der anderen, darunter der am hartnäckigsten agierenden Fonds NML Capital und Aurelius Capital. Nun haben offenbar alle ihre Zustimmung gegeben - die vier sollen statt geforderten 6 Milliarden Dollar nun 4,65 Milliarden erhalten.
Damit könnte ein seit 15 Jahren andauernder Schuldenstreit zu Ende gehen. Er reicht bis ins Jahr 2001 zurück, als Argentinien wirtschaftlich ruiniert und pleite war. Rund die Hälfte der Bevölkerung lebte unterhalb der Armutsgrenze. Eine Interimsregierung erklärte den Staatsbankrott und stellte die Tilgung von Staatsanleihen ein. Mit dem Angebot, den Schuldendienst wieder aufzunehmen, wenn die Gläubiger auf durchschnittlich 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten, wurden 2005 und 2010 Umschuldungsprogramme aufgelegt. 93 Prozent der Gläubiger beteiligten sich, sieben Prozent lehnten das Angebot ab. Dazu gehörten die sechs Hedgefonds, die kurz nach der Pleite begonnen hatten, argentinische Anleihen zum Schleuderpreis aufzukaufen. Sie forderten den Nennwert einschließlich Zinsen zurück und klagten in New York - Dollar-Schuldverschreibungen unterliegen üblicherweise dem US-Recht.
Im November 2012 wurde Argentinien zur Zahlung von 1,3 Milliarden Dollar an NML und Aurelius verurteilt. Der Richterspruch ist seit 2014 rechtskräftig, als der Oberste Gerichtshof in Washington in letzter Instanz den Berufungsantrag aus Buenos Aires abwies. Die damalige Regierung von Präsidentin Cristina Kirchner verweigerte jedoch weiterhin die Zahlung an die Fonds, die für sie nichts Anderes als »Aasgeier« und »Finanzterroristen« waren. Daraufhin ließ ein New Yorker Richter im Juni 2014 einen dreistelligen Millionen-Dollar-Betrag einfrieren, den Argentinien auf die Konten zweier US-Banken transferierte, um fällige Zahlungen an die normalen Gläubiger vorzunehmen. Daraufhin stuften die großen Ratingagenturen Argentinien als »teilweise zahlungsunfähig« ein, wodurch es dem Land kaum noch möglich war, sich Geld auf den internationalen Finanzmärkten zu besorgen.
Bevor die jetzige Vereinbarung wirksam werden kann, muss der Kongress in Buenos Aires zwei Gesetze aus der Amtszeit der Regierung Kirchner außer Kraft setzen. Dabei handelt es sich um das sogenannte Cerrojo-Gesetz, das Verhandlungen mit unwilligen Gläubigern verbietet, und das Pago-Soberano-Gesetz, das bessere Tilgungskonditionen als jene untersagt, die bei den Umschuldungsverhandlungen von 2005 und 2010 vorgelegt worden waren.
Die Abstimmung im Parlament verspricht spannend zu werden, denn der rechtskonservative Präsident Mauricio verfügt in beiden Kammern über keine eigene Mehrheit. Zugleich hat der Kampf gegen die Geierfonds für die ehemals regierende Kirchner-Partei einen hohen Stellenwert. Hier wird sich also zeigen, wie geschlossen die jetzige Opposition ist und ob Präsident Macri sich in seiner erst dreimonatigen Amtszeit bereits eine stabile Mehrheit unter den Abgeordneten und Senatoren organisieren konnte.
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