Herausforderung Integration
Bundesagentur und Arbeitgeber suchen nach Wegen, Flüchtlinge in Arbeit zu bringen
Von Problemen mit der beruflichen Integration der Flüchtlinge am Arbeitsmarkt ist bislang noch wenig zu spüren. Im Februar, meist der schwächste Monat im Jahresverlauf, ging die Arbeitslosigkeit diesmal leicht um rund 9000 auf 2,91 Millionen Frauen und Männer zurück. Im Vergleich zum Vorjahr sind 106 000 Menschen weniger arbeitslos.
Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (IAB) rechnet denn auch erst 2017 wieder mit steigenden Erwerbslosenzahlen - auf Grund der dann verstärkt auf Jobsuche gehenden Zuwanderer: »Die jetzt kommenden Flüchtlinge werden sich nur langsam in den Arbeitsmarkt integrieren aufgrund rechtlicher und institutioneller Hürden, aber auch fehlender Sprachkenntnisse und geringer Anteile von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung«, heißt es. Deshalb würden sich die Flüchtlinge nur schrittweise in den Arbeitsmarkt integrieren. Wie schnell das geschehe, hänge wesentlich von der Dauer der Asylverfahren und den Wartefristen ab.
Schon jetzt machen Kammern, Jobcenter und die Nürnberger Bundesagentur (BA) sich für die Vermittlung von Migranten in Arbeit und Ausbildung bereit: Die BA startet eine Informationskampagne, die bei Arbeitgebern die Bereitschaft wecken soll, Geflüchtete zu beschäftigen. In ihrem Langfristkonzept »Perspektive 2025« weist die BA darauf hin, dass es in zehn Jahren rund 6,5 Millionen Arbeitskräfte weniger als heute geben wird: »Fehlen werden vor allem jene Fachkräfte, die der Motor für Wachstum und Wohlstand hierzulande sind« betont die BA. Um die demografische Lücke zu schließen, setzt sie auf reaktivierbare Gruppen - ältere Arbeitnehmer, Berufsrückkehrerinnen, Studienabbrecher und Migranten,
So sehen es offenbar auch viele Arbeitgeber: Vergangene Woche startete der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ein Aktionsprogramm für die Einstellung von Flüchtlingen mit dem Titel »Ankommen in Deutschland«. Es soll die Vermittlungsprojekte der einzelnen Kammern koordinieren, Betriebe und Bewerber beraten und gegebenenfalls Praktika vermitteln - in Absprache mit den lokalen Jobcentern.
Diese wiederum klagen nun erstmals öffentlich über zu wenig Geld und Personal für die bevorstehenden Aufgaben. Gemeinsam verfassten BA, Deutscher Städtetag sowie der Landkreistag als Träger der Jobcenter ein Positionspapier. Dort heißt es: Die Regelungen nach Hartz IV müssten »dringend weiterentwickelt und an aktuelle Aufgaben und Problemstellungen angepasst werden«. Auch gibt es Vorschläge, wie Langzeitarbeitslose besser gefördert sowie der wachsenden Zahl von Flüchtlingen entsprochen werden kann. Bestehende Fördertöpfe wie zum Beispiel Eingliederungszuschüsse müssten für Flüchtlinge geöffnet und finanziell aufgestockt werden, die Bearbeitung müsse effizienter werden, heißt es.
Das IAB stellt in seiner jüngsten Untersuchung klar, dass Flüchtlinge bisher weder in der Beschäftigungsstatistik noch in den Arbeitslosendaten eine große Rolle spielen: Von den 31,7 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern in Deutschland stammen gut eine halbe Million aus den zehn wichtigsten Herkunftsländern. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der regulär beschäftigten Flüchtlinge um 47 000 oder zehn Prozent.
Größere Bedeutung hat der Zuzug von Menschen aus EU-Staaten. Vor allem Bulgarien, Rumänien und Kroatien nutzten die neue Freizügigkeit. Doch auch hier liegt der Anteil an allen Beschäftigten mit 2,6 Prozent noch niedrig.
Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern ist nach wie vor hoch: Im Februar waren 614 000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 95 000 mehr als vor einem Jahr. Saisonbereinigt lag die Nachfrage gegenüber Januar mit 2000 im Plus. Besonders gesucht waren Arbeitskräfte im Verkauf, in der Mechatronik, Energie- und Elektrotechnik sowie im Metallbau und in Verkehr und Logistik. Der Stellenindex der BA - ein Indikator für die Nachfrage nach Arbeitskräften - sank im Februar um einen auf 209 Punkte. Nach dem schwungvollen Wachstum der letzten Monate entwickelt sich die Arbeitskräftenachfrage moderater, liegt aber weiter auf hohem Niveau.
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