Rechtsruck bei den Wahlen in der Slowakei
Regierungschef Fico gewinnt mit Anti-Asyl-Stimmungsmache und Islamfeindlichkeit - aber mit Verlusten / Nationalisten und Rechtsradikale stark / Linke Parteien bei den Wahlen ohne Chance
Berlin. Die Politik in der Slowakei rückt nach den Wahlen noch weiter nach rechts. Die Partei von Ministerpräsident Robert Fico, der sich als Zuwanderungsgegner profilierte, gegen den Islam Front machte und einen Anti-Asylwahlkampf verfolgte, büßte mit 27,3 Prozent der Stimmen zwar ihre absolute Mehrheit ein, steht aber in der Endabrechnung weiter auf dem ersten Platz. Die in deutschen Medien meist als »sozialdemokratisch« bezeichnete Smer-SD kann mit 45 Sitzen in dem 150 Abgeordnete zählenden Parlament in Bratislava rechnen. Dezidiert linke Kräfte hatten bei der Wahl kaum eine Chance. Die kommunistische KSS holte 0,6 Prozent.
Zweitstärkste Kraft wurde laut Nachwahlbefragung die liberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) mit 13,3 Prozent (22 Sitze), gefolgt von der konservativen Olano-Nova mit 11,2 Prozent (18 Sitze). Die nationalistische SNS errang der Prognose zufolge acht Prozent (13 Sitze). Mit ihr hatte Ficos Smer-SD von 2006 bis 2010 koaliert. Die der ungarischen Minderheit nahestehende Partei Most-Hid (Brücke) stand den Zahlen zufolge bei 7,3 Prozent (zwölf Sitze). Die Zentrumspartei Siet (Netzwerk) kommt mit 6,7 Prozent auf elf Sitze.
Für einen Schock sorgte der erstmalige Einzug der rechtsradikalen LSNS (Unsere Slowakei) ins Parlament. Sie kommt auf 6,8 Prozent und kann mit elf Sitzen rechnen. Die Partei ist für ihre rassistische Hetze gegen Flüchtlinge und die Roma-Minderheit bekannt. Gründer und Parteiführer Marian Kotleba war bereits mehrfach wegen Rassismus und Rechtsextremismus angeklagt, aber noch nie rechtskräftig verurteilt worden.
Laut Beobachtern sind insgesamt jene Parteien am stärksten, die sich der rechten ECR-Fraktion im Europäischen Parlament zugehörig fühlen, sie kämen auf mehr Mandate als die Parteien, die sich den Konservativen der EPP-EVP-Fraktion zurechnen.
Ficos Smer-SD hatte bislang eine komfortable Mehrheit von 83 Mandaten im Parlament. Nun braucht ein Bündnispartner für eine dritte Amtszeit. Fico sprach noch in der Nacht von einer »Pattsituation«. Fico hatte schon kurz vor Veröffentlichung der Nachwahlbefragung gesagt, der Urnengang habe einen »großen Mischmasch« mit sehr vielen Parteien hervorgebracht. Die Slowakei übernimmt ab 1. Juli für ein halbes Jahr den EU-Ratsvorsitz.
»Das ist ein großes Erdbeben«, kommentiere Olana-Nova-Chef Igor Matovic laut slowakischer Nachrichtenagentur Tasr den Wahlausgang. Der politische Analyst Abel Ravasz sagte der Nachrichtenagentur AFP, Fico brauche für eine Regierungsbildung mindestens zwei oder drei Koalitionspartner. Der Regierungschef habe anscheinend zu stark auf das Thema Asyl und Flüchtlinge als wichtigstes Wahlkampfthema gesetzt, so Ravasz. Fico vertrat dabei einen strikten Abschottungskurs. Er sprach sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus und bezeichnete Muslime als eine Gefahr für sein Land. In den vergangenen Wochen hätten andere Ereignisse wie die Proteste von Lehrern und im Gesundheitswesen an Bedeutung gewonnen. Ravasz schloss auch einen Regierungswechsel nicht aus. Von der Opposition müssten sich aber mindestens sechs Parteien zusammenschließen, um Fico abzulösen. Agenturen/nd
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