Yasuní sorgt für Konfliktstoff
Bundestagsdelegation sagt Ecuador-Besuch wegen verweigertem Zugang zum Biosphärenreservat erneut ab
Dieselbe Geschichte wie 2014: Erneut wird ein Besuch Ecuadors von einer Parlamentarierdelegation des deutschen Bundestags kurzfristig abgesagt. Wie »nd« aus Teilnehmerkreisen erfuhr, liegt das an Differenzen um einen Aufenthalt im Nationalpark Yasuní. Grund ist ein Streit um Erdölförderung in diesem Naturschutzgebiet.
Die deutsche Parlamentarierdelegation unter Leitung der Grünen-Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn wollte sich im Yasuní-Gebiet vor allem mit Kritikern der Regierung von Präsident Rafael Correa treffen. Dieses Ansinnen hatte bereits im Dezember 2014 zur Absage einer Ecuadorreise des Ausschusses geführt und erhebliche bilaterale Probleme verursacht. Hintergrund ist eine in Ecuador heftig ausgetragene innenpolitische Debatte um Erdölförderung in dem Naturschutzgebiet.
Das Thema betrifft durchaus auch Deutschland. Vor einigen Jahren hatte die Regierung Correa den Industriestaaten den Vorschlag unterbreitet, das Erdöl im Yasuní-Park nicht anzurühren, wenn sich die Konsumentenstaaten dazu verpflichten, einen Teil des Verdienstausfalls in einen Treuhandfonds einzuzahlen. Unter anderem die damalige deutsche Regierung hatte sich dagegen gesperrt.
Daraufhin nahm Ecuador die Förderung von Erdöl in einem eng begrenzten Gebiet des Nationalparks auf, gibt aber an, die Umwelt bestmöglich zu schonen. Dennoch hat sich vor Ort eine Protestbewegung gegen die Erdölförderung gebildet, die auch von Deutschland aus unterstützt wird, unter anderem von den Grünen und der ihnen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung. Anders als im Dezember 2014 hängte der Umweltausschuss den Streit um die abgesagte Reise zu diesen Aktivisten nun deutlich niedriger. In einer Pressemitteilung des Bundestags wird lediglich auf die ursprünglich geplante Reise verwiesen. Nachdem deutlich geworden sei, »dass die ecuadorianische Regierung den Parlamentariern den Zugang zum Biosphärenreservat Yasuní verweigern würde, verzichtet die Delegation auf einen Besuch des Landes«.
Gegenüber dem Lateinamerika-Portal amerika21 verstärkte die Ausschussvorsitzende Höhn die zunächst verhalten formulierte Kritik. »Das Programm im Yasuní-Nationalpark war seit Monaten mit der Regierung Ecuadors abgesprochen«, sagte sie. Deswegen sei es ärgerlich, »dass uns die Verantwortlichen in Ecuador ein paar Tage vor dem Reisebeginn unserer Delegation den Besuch des Parkes verweigert haben«. Man müsse jetzt in Ruhe sehen, wie sich die weitere Zusammenarbeit mit der Regierung in Quito gestalten könne.
Wie schon Ende 2014 gibt es unterschiedliche Versionen von beiden Seiten. Aus Diplomatenkreisen heißt es, die ecuadorianische Seite habe einen Programmentwurf mit dem geplanten Besuch des Yasuní-Parks seit Monaten nicht bestätigt, also weder zu- noch abgesagt. Und während die Botschaft Ecuadors in Berlin eine Stellungnahme auf Nachfrage ablehnte, zitiert die ecuadorianische Tageszeitung »El Comercio« Präsidialamtschef Omar Simon. Er gibt an, von einer Reise deutscher Abgeordneter gar nichts gewusst zu haben. So oder so hätte ein Besuch in einem Naturschutzgebiet aber angemeldet werden müssen, fügte Simon hinzu: »Ich vermute, dass ecuadorianische Parlamentarier auch keinen Erfolg hätten, wenn wir sie morgen in einem Flugzeug nach Deutschland schicken, um ein Atomkraftwerk zu besuchen.«
Die deutsche Delegation hatte im Yasuní-Park nach nd-Informationen Gespräche mit der Gouverneurin der Provinz Orellana, Guadalupe Llori, geplant. Die Politikerin der indigenen Bewegung Pachakutik gehört zu den Kritikern der Regierung Correa. Ein weiteres Gespräch wollten die deutschen Parlamentarier mit der Lokalpolitikerin Ana Rivas führen, einer Kritikerin der Erdölförderung im Yasuní-Gebiet.
Im Umweltausschuss wird es indes weitere Debatten um die abgesagte Ecuadorreise geben. Auf Nachfrage zeigte sich der Linkspartei-Abgeordnete Hubertus Zdebel über die Pressemitteilung des Ausschusses überrascht. »Ich wusste davon nichts und hätte das so auch nicht mitgetragen«, sagte Zdebel, der sich nach eigener Auskunft um einen Kompromiss bemüht hatte: »Ich hatte argumentiert, dass ich einen Besuch des Yasuní-Parks keineswegs für zwingend halte, um einen Eindruck von den umwelt- und sozialpolitischen Entwicklungen des Landes zu gewinnen.«
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