Aus für Balkanroute, Katastrophe für Idomeni

Komplette Abriegelung des bisherigen Migrationswegs / Wien lobt »Allianz der Vernunft«

  • Lesedauer: 2 Min.
Einen Tag nach dem jüngsten EU-Flüchtlingsgipfel haben die Balkanländer die Route aus Griechenland nach Nordwesteuropa komplett abgeriegelt.

Brüssel. Die Regierungen von Slowenien, Serbien und haben mitgeteilt, dass nur noch Migranten eingelassen werden, die in den jeweiligen Ländern selbst Asyl beantragen. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte: »Bei den irregulären Migrationsströmen entlang der Westbalkanroute ist das Ende erreicht.« Damit ist dieser Weg, über den 2015 mehr als eine Million Menschen nach Österreich und vor allem nach Deutschland gekommen waren, faktisch dicht.

Das macht die Lage der Flüchtlinge in Griechenland immer dramatischer. Tausende sitzen derzeit bei Regen und Kälte allein in der Ortschaft Idomeni fest.

Aus dem EU-Parlament kam scharfe Kritik an dem Plan, sämtliche Neuankömmlinge aus Griechenland in die Türkei abzuschieben. Sozialdemokraten, Grüne und Linke äußerten starke Bedenken wegen drohender Massenabschiebungen und der Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei. Konservative kritisierten die Gegenleistungen, die Ankara verlangt.

Ungarn hat unterdessen wegen der Schließung der Balkanroute landesweit den Krisenzustand ausgerufen. Innenminister Sandor Pinter begründete diesen Schritt am Mittwoch in Budapest damit, dass Slowenien, Kroatien und Serbien nur noch Personen mit gültigen Papieren und Visum einreisen lassen. Man wisse nicht, wie die illegal eingereisten Migranten, die sich bereits in diesen Ländern aufhielten, auf diese Entscheidung reagieren würden. Der Krisenzustand bedeutet mehr Rechte für die Polizei und dichtere Personenkontrollen. Ungarns Grenzen zu Serbien und Kroatien sind inzwischen mit Zäunen abgesperrt. Diese Zäune werden aber seit Jahresanfang im Schnitt täglich von etwa 100 Migranten überwunden.

Bulgarien will verhindern, dass ein neuer Flüchtlingsweg durch sein Staatsgebiet entsteht. »Wir haben dieses Risiko erkannt und ergreifen alle Maßnahmen dagegen«, sagte Innenministerin Rumjana Batschwarowa, die auch Vizeregierungschefin ist, dem Staatsfernsehen in Sofia am Mittwoch. Bulgarien verstärke seine Möglichkeiten »organisatorisch und ressourcenmäßig«, diesen Versuchen vorzubeugen, betonte Batschwarowa. Nach der Schließung der serbischen Grenzen habe sich die Situation in Bulgarien nicht verändert: Auch zuvor seien jeden Tag Migranten festgehalten worden, die in das westliche Nachbarland gelangen wollten.

Angesichts der weitgehenden Schließung der Balkanroute zieht Österreich viele Polizisten von seiner Südgrenze ab. Noch diese Woche würden 200 aus anderen Bundesländern entsandte Beamte ihre Einsatzorte an der Grenze bis auf Weiteres wieder verlassen, so Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Sie lobte Slowenien und Kroatien, die auch in Abstimmung mit Österreich handelten. »Diese Allianz der Vernunft hat bisher den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Stabilität und Ordnung für die Menschen in Europa zu wahren.« Agenturen/nd Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -