Das Ergebnis: Alle regierenden Koalitionen abgewählt

Komplizierte Regierungsbildung in den drei Wahlländern erwartet / In Sachsen-Anhalt nur »Kenia«-Bündnis oder Minderheitsregierung rechnerisch möglich / CDU will Regierung ohne Grüne in Baden-Württemberg

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Berlin. Wie geht es nach diesem Wahlsonntag weiter? In allen drei Bundesländern stehen die Parteien vor einer komplizierten Regierungsbildung. In allen drei Ländern sind die bisherigen Koalitionen abgewählt - die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), Malu Dreyer (SPD) und Reiner Haseloff (CDU) können allerdings hoffen, in anderer Konstellation weiterzuregieren. Solche neuen Konstellationen gelten aber als kompliziert - zumal der Erfolg der Rechtsaußen-Partei AfD nicht nur die landespolitische Szenerie erschüttert hat. Darüber beraten die Parteigremien am Montag in Berlin und den Landeshauptstädten. Der Erfolg der Rechtsaußen-Partei AfD in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz

In Sachsen-Anhalt ist nach dem Aus für Schwarz-Rot nur eine in den Ländern noch nie erprobte Dreierkoalition von CDU, SPD und Grünen realistisch. Die AfD, die jetzt in 8 der 16 Landtage sitzt, fuhr hier ein Rekordergebnis ein: Mit 24,2 Prozent wurde sie aus dem Stand heraus zweitstärkste Partei. Sachsen-Anhalts Unternehmen haben die Parteien bereits zu einer schnellen Koalitionsbildung aufgefordert. Es sei wichtig, »rasch für klare Verhältnisse zu sorgen«, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Thomas Brockmeier. »Das Land kann sich einen langen Stillstand nicht leisten.« Der Geschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, Burghard Grupe, sagte mit Blick auf den Erfolg der AfD, es dürfe »kein Imageschaden für den Wirtschaftsstandort entstehen«. Die Parteien wollen am Montag die Ergebnisse zunächst genau analysieren. Dazu gibt es Treffen unter anderem in Berlin. Regierungschef Reiner Haseloff wird dort mit Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) zusammenkommen, SPD-Landeschefin Katrin Budde mit Vizekanzler Sigmar Gabriel.

Mit Spannung werden Gremiensitzungen der SPD in Magdeburg erwartet. Zunächst wird der Geschäftsführende Landesvorstand tagen, dann der komplette Landesvorstand. Dabei sind bereits Beschlüsse zur Aufnahme von Sondierungsgesprächen möglich. Die SPD war als bisheriger Regierungspartner der CDU auf ihr schlechtestes Ergebnis im Land abgestürzt. Die Linkspartei verzeichnete ebenfalls starke Einbußen. Die Grünen schafften knapp den Sprung über die Fünf-Prozent-Marke, die FDP scheiterte. Für die Fortsetzung der schwarz-roten Koalition reicht es damit nicht aus. Denkbar wäre allerdings eine Mehrheit aus CDU, SPD und Grünen. Sie hätten zusammen 46 Sitze, die anderen Parteien kämen zusammen auf 41 Sitze.

Vorläufiges Ergebnis in Sachsen-Anhalt:
CDU 29,8 Prozent - 30 Sitze
AfD 24,2 Prozent - 24 Sitze
Linkspartei 16,3 Prozent - 17 Sitze
SPD 10,6 Prozent - 11 Sitze
Grüne 5,2 Prozent - 5 Sitze

In Baden-Württemberg sind die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach dem vorläufigen Ergebnis erstmals stärkste Partei. Wegen der Schwäche der SPD reicht es allerdings nicht für eine Fortsetzung der bundesweit ersten grün-roten Koalition. Damit kommt in Stuttgart nun ein Bündnis von Grünen und CDU in Frage. Der EU-Digitalkommissar und frühere Ministerpräsident Günther Oettinger von der CDU hat sich allerdings bereits klar für ein schwarz-rot-gelbes Bündnis im Südwesten ausgesprochen. »Ich halte eine Koalition aus CDU, SPD und FDP für sehr wohl denkbar«, sagte er der »Stuttgarter Zeitung«. Das Bündnis wäre »gegenüber Grün-Schwarz aus Sicht unserer Wähler klar die bessere Option«.

Oettinger erinnerte daran, dass die Grünen seit 2011 auch nur zweitstärkste Fraktion seien und dennoch den Ministerpräsidenten gestellt hätten, obwohl ihr damaliges Wahlergebnis unter dem jetzigen Resultat der CDU gelegen hätte. Die Grünen seien »in den letzten zehn Jahren hinter Kretschmann deutlich nach links gerückt«, betonte Oettinger. »Deswegen glaube ich, dass bei der vor uns liegenden Tagesordnung, aber auch im Sinne der Handlungsfähigkeit im Bundesrat viel für ein Bündnis mit SPD und Liberalen spricht.« Auch CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf beanspruchte am Abend den Regierungsauftrag jeweils für sich.

Vorläufiges Ergebnis in Baden-Württemberg:
Grüne 30,3 Prozent - 47 Sitze
CDU 27,0 Prozent - 42 Sitze
AfD 15,1 Prozent - 23 Sitze
SPD 12,7 Prozent - 19 Sitze
FDP 8,3 Prozent - 12 Sitze

In Rheinland-Pfalz verwies die SPD von Regierungschefin Malu Dreyer die CDU mit Herausforderin Julia Klöckner auf Platz zwei - Rot-Grün ist aber passé. Möglich wäre eine große Koalition, Dreyer strebt aber ein Dreierbündnis mit Grünen und FDP an. Eine lange und schwierige Regierungsbildung in Rheinland-Pfalz erwartet der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun nach der Landtagswahl. Verhandlungen über eine sogenannte Ampel-Koalition von Sozialdemokraten (rot), Liberalen (gelb) und Grünen dürften vor allem wegen »deutlicher Differenzen« zwischen der FDP und den beiden anderen Parteien erschwert werden, sagte Jun der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Mainzer Politikwissenschaftler Thorsten Faas sagte, der Graben zwischen FDP und Grünen sei »tief«. »Das wird nicht einfach«, sagte er. Mit »Ampel«-Koaltionen habe man bisher in Deutschland keine guten Erfahrungen gemacht, sagte Jun. »Wir haben nur Anfang der 90er-Jahre Ampelkoalitionen gehabt. In Brandenburg und in Bremen. Und beide sind frühzeitig zerbrochen.« Die FDP heute stehe unter einem anderen Druck und gehe den »Schritt hin zu einer Ampel« nur dann, wenn sie relativ sicher sei, dass dies auch fünf Jahre halte. Eine große Koalition sei aber noch nicht vom Tisch, sagte der an der Uni Trier lehrende Politikwissenschaftler. »Auch hier wird sicherlich sondiert werden. Ich vermute mal, dass man sich zumindest zu Gesprächen finden wird.« Ob die CDU-Landeschefin Julia Klöckner noch dabei sein werde, werde man sehen.

Vorläufiges Ergebnis in Rheinland-Pfalz:
SPD 36,2 Prozent - 39 Sitze
CDU 31,8 Prozent - 35 Sitze
AfD 12,6 Prozent - 14 Sitze
FDP 6,2 Prozent - 7 Sitze
Grüne 5,3 Prozent - 6 Sitze

Agenturen/nd

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