Sturz während einer kurzen Pause
Arbeitsunfall oder nicht?
So urteilte das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az. L 9 U 1534/14). Im verhandelten Fall nahm sich eine Verkäuferin während ihrer Arbeitszeit eine 20-minütige Pause. Diese verbrachte sie im Pausenraum, den ihr Arbeitgeber für seine Mitarbeiter eingerichtet hatte. Als sie schließlich ihre Pause beendet hatte, rutschte sie auf der Treppe mit dem Fuß ab und verletzte sich am Sprunggelenk. Die zuständige Behörde weigerte sich allerdings, diesen Unfall als Arbeitsunfall anzusehen.
Die Börde handelte richtig, urteilte das Landessozialgericht Baden-Württemberg. Die Pause sei nicht Teil der versicherten Tätigkeit. Auch die Wege zum Pausenort seien eine rein private Angelegenheit. »Essen ist für jeden Menschen ein Grundbedürfnis, daher spielen betriebliche Aspekte dabei keine Rolle«, erklärt Rechtsanwalt Frank Böckhaus von der telefonischen Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) die Rechtslage. Auch der Ort dafür sei unerheblich.
Anders wäre es gewesen, hätten betriebliche Umstände die Frau veranlasst oder gar gezwungen, ihre Pause in diesem Raum zu verbringen - etwa bei einer Werks- oder Schulkantine. Allein, dass der Arbeitgeber einen Raum zur Verfügung stellt, reiche hier letztendlich nicht aus.
Beim betrieblichen Fußballturnier verletzt
Ist die Teilnehmerzahl für eine Firmenveranstaltung begrenzt, so gilt sie nicht als Betriebsveranstaltung. Verletzt sich ein Teilnehmer, handelt es sich daher auch nicht um einen Arbeitsunfall.
Zu diesem Urteil kam das Landessozialgericht Hamburg (Az. L3 U 31/12). Im besagten Fall veranstaltete ein Trainingszentrum für berufliche Wiedereingliederung ein freundschaftliches Fußballturnier mit mehreren anderen sozialen Einrichtungen. Die Rehabilitanden durften ausschließlich dann daran teilnehmen, wenn sie dies vorher beantragten, denn die Teilnehmerzahl war begrenzt. Beim Fußballspiel stürzte dann einer der Spieler und verletzte sich. Diesen Zwischenfall wollte er anschließend als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Daraufhin reichte er Klage ein.
Das Landessozialgericht Hamburg wies die Klage des verunglückten Spielers ab. Denn ein Arbeitsunfall setze immer eine betriebliche Veranstaltung voraus.
»Um so eine handelt es sich allerdings nur, wenn auch allen Beschäftigten offen steht, an der Veranstaltung teilzunehmen«, verweist Rechtsanwalt Frank Böckhaus von der Deutschen Anwaltshotline auf die gesetzliche Grundlage. Das ist aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl hier jedoch nicht der Fall gewesen. Das Freundschaftsturnier gelte deshalb nicht als betriebliche Veranstaltung, und der Unfall könne daher nicht als Arbeitsunfall gewertet werden.
Taxifahrer erleidet Schussverletzung
Ein Taxifahrer kann eine Schussverletzung als Arbeitsunfall geltend machen, wenn er am Taxistand angeschossen wird, weil er um Ruhe gebeten hat.
Dieses Urteil fällte das Landessozialgericht Hessen (Az. L 9 U 41/13) und erklärte die Forderungen eines Taxifahrers für berechtigt. Im verhandelten Fall stieg ein Taxifahrer nachts am Bahnhof aus seinem Fahrzeug, um Kollegen zu begrüßen. Es näherten sich zwei Männer, die laut grölten. Als der Fahrer sie bat, ein wenig leiser zu sein, zog einer der Männer eine Waffe und schoss mehrmals auf ihn. Nach zwei Fehlschüssen traf er den Taxifahrer in den Bauch. Dieser musste daraufhin operiert werden und zwei Wochen im Krankenhaus verbringen.
Da er am Taxistand auf Kunden wartete, als er angeschossen wurde, wollte der Mann den Zwischenfall als Arbeitsunfall geltend machen. Die zuständige Berufsgenossenschaft weigerte sich jedoch, denn der Unfall stehe in keinem Zusammenhang zur Arbeit des Fahrers.
Das Landessozialgericht Hessen gab aber dem Taxifahrer Recht. Voraussetzung für einen Arbeitsunfall sei, dass ein Unfall passiert, während die gesetzlich versicherte Tätigkeit ausgeübt wird. »Es ist naheliegend, dass der Fahrer die Männer um Ruhe gebeten hat, damit potenzielle Kunden nicht verschreckt werden«, erklärt Rechtsanwalt Tim Vlachos von der Deutschen Anwaltshotline die Entscheidung des Gerichtes. Der Auslöser dafür, dass der Taxifahrer die beiden Störenfriede angesprochen hat, sei damit betrieblicher Natur. Der Unfall kann also als Arbeitsunfall geltend gemacht werden.
Der Skiunfall bei betrieblicher Tagung
Wer während einer betrieblichen Tagung zwischen den Pflichtterminen Ski fährt und dabei stürzt, kann den Unfall nicht als Arbeitsunfall geltend machen.
Das urteilte das Landessozialgericht Hessen (Az. L 9 U 69/14). Im Streitfall hielt ein Betrieb im Winter eine dreitägige Tagung in einem Skisportgebiet für seine Führungskräfte ab. Darunter war auch der Leiter der Zentrale für Kundenbearbeitung. Zwischen den einzelnen betrieblichen Terminen war für die sportlich Aktiveren auch gemeinsames Skifahren Teil des Programms.
Weniger Sportbegeisterte hatten diese Zeit dann zur freien Verfügung. Während einer Abfahrt stürzte der Mitarbeiter und verletzte sich dabei an Schulter und Brust. Er wollte den Sturz als Arbeitsunfall geltend machen. Doch der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung verweigerte ihm das.
Seine Klage wies das Landessozialgericht Hessen ab. Es handele sich nur um einen Arbeitsunfall, wenn sich der Unfall im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ereignet hätte. Das sei beim Skifahren aber nicht der Fall gewesen. Zwar sei die Tagung eine betriebliche Veranstaltung gewesen, der Ausflug auf die Skipiste aber optional. »Einige der Teilnehmer blieben auch im Hotel und beschäftigten sich anderweitig. Das Skifahren war also nicht verpflichtend«, erklärt dazu Rechtsanwältin Petra Nieweg von der Deutschen Anwaltshotline
Zwar war der Grundgedanke der Tagung, die persönliche Interaktion unter den Führungskräften zu verbessern, auch auf den Skiausflug anwendbar. Doch dieser wurde schon durch die Pflichtprogramme zwischen den Freizeitblöcken aufgegriffen, so das Gericht. Das Skifahren war also ein privater Entschluss und sei somit nicht als Arbeitsunfall zu werten. D-AH/nd
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