»Hauptsache, mein Mann geht da nicht hin«
Protest in Niedersachsen gegen ein geplantes 4800 Quadratmeter großes Bordell
Am Rande von Fürstenau rasseln die Ketten, wenn Freizeitpanzerkommandanten die Motoren eines »Leopard«, eines »Marder« oder ähnlicher rollender Kriegsmaschinen dröhnen lassen. Auf einem ehemaligen Kasernengelände nahe der 10 000 Einwohner zählenden Stadt im Kreis Osnabrück ist das möglich. »Vor allem viele Männer sind von der Vorstellung begeistert, einmal einen Panzer selber zu fahren«, weiß Anbieter »panzerfun«. Neun Autominuten von den Kettenkolossen entfernt wollen Investoren etwas bauen, das ebenfalls Männer begeistern soll: ein Mega-Bordell.
Nicht ein einsam im Gewerbegebiet verstecktes Laufhaus ist geplant, sondern ein 4800 Quadratmeter umfassender Komplex, darin ein Gebäude mit zehn Zimmern für erotische Dienste. Für Entspannung soll darüber hinaus ein Wellnessbereich mit Sauna sorgen. Ein Film- und Foto-Studio steht ebenso im Konzept wie ein Wintergarten nebst Pool, ein Garten draußen sowie eine Waschanlage für die Autos der Besucher. Ein 3,50 Meter hoher Sichtschutz soll das Ganze vor neugierigen Blicken abschotten.
Noch fällt der Blick vom geplanten Bordell-Gelände auf hohe Tannen und einen Horizont, an dem sich Einfamilienhäuschen abzeichnen - Zeichen, dass dort hinten irgendwo die eigentliche Stadt beginnt. Ihr Rat hat am Dienstagabend die nun wohl letzte Hoffnung derer zunichte gemacht, die sich seit Monaten vehement gegen das Mega-Bordell wehren, allen voran die Grünen. Zum Sperrgebiet möge das potenzielle Erotik-Areal erklärt werden, so ihr Wunsch. Doch das Kommunalparlament lehnte ab.
Die Chance auf eine Sperrbezirksverfügung war von vornherein äußerst gering. Schon vor Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht dargelegt, wo eine Verbotszone für Prostitution gerechtfertigt ist: zum Beispiel in Gebieten mit hohem Wohnanteil, in der Nähe von Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen. Und auch dann, wenn eine »nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution« eine »milieubedingte Unruhe« erwarten lässt.
So etwas sei durch das Projekt, das schließlich in einem umfriedeten Raum im Gewerbegebiet liegt, nicht zu befürchten. So heißt es sinngemäß seitens der Investoren. Die Gegner der Anlage kann das nicht besänftigen. Sie befürchten, infolge des Bordells könne Drogenhandel aufblühen, könne sich sogar anderswo im Stadtbereich ein Straßenstrich entwickeln. Denkbar sei es auch, dass Männergruppen von weither Fürstenau nur ansteuern, um sich im Puff zu vergnügen, vielleicht auch nach einem Besuch des Panzerparks.
Nicht zuletzt sehen die Bordellkritiker den Ruf ihrer Stadt gefährdet, die gern mit historischen Bauten für sich wirbt, etwa mit dem fürstbischöflichen Schloss. Vor dem hatten jüngst etwa 30 Demonstrantinnen und Demonstranten gegen das Bordell protestiert und auch allgemein gegen Prostitution. »Stopp Sexkauf« hieß es auf Plakaten der Grünen. Ihr Engagement stößt auf geteiltes Echo, auch in Leserbriefen. »Die Nachbargrundstücke verlieren die Hälfte des Wertes«, fürchtet ein Schreiber, auch drohe »laute Musik und nächtlicher Autolärm«. Die Grünen, so ein anderer Verfasser, nutzten die Sache zu populistischen Auftritten, um Stimmen für die Kommunalwahl im September zu gewinnen. »Ist mir egal«, meint eine Frau zum Thema Sex-Klub. »Hauptsache, mein Mann geht da nicht hin.«.
Die allerletzte Entscheidung zum Bordellprojekt muss nun noch der Landkreis fällen. Es ist kaum damit zu rechnen, dass er ablehnt. Im Sommer, so hofft die künftige Betreibergesellschaft aus Berlin, könnte der Komplex vollendet sein. Starten soll der Betrieb laut bisherigen Informationen mit einem »Tag der offenen Tür«.
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