»Weisse Wölfe« heulen nicht mehr
Bundesinnenminister verbietet militante Nazitruppe, die sich als »Terrorcrew« bezeichnete
Immer wieder tauchte der Name der »Weisse Wölfe Terrorcrew«, kurz WWT, in Verfassungsschutzberichten auf. Das Hamburger Landesamt warnte bereits 2008 vor den militanten Neonazis und deren Gewaltpotenzial. Gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Volksverhetzung: Die Wölfe, die in der Hafenstadt ihre Ursprünge hatten, galten als besonders radikal. Der damalige Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, Manfred Murk, erklärte 2013 in einem Interview mit »Spiegel TV«, dass einige WWT-Mitglieder keine Hemmungen hätten, »an Terroranschlägen mitzuwirken«. Insofern überrascht es, dass die braune Truppe erst jetzt verboten wurde. Die entsprechende Verbotsverfügung wurde um sechs Uhr früh an zwölf WWT-Mitglieder zeitgleich überreicht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in Berlin: »Wir können noch nicht von einem Rechtsterrorismus sprechen, aber wir werden jeden Ansatz dazu unterbinden.« Bei Durchsuchungen in zehn Bundesländern wurden neben Datenträgern und Propagandamaterial auch Waffen gefunden worden. Der »harte Kern« des Vereins umfasse rund 25 Personen, so der Minister.
Die bundesweiten Polizeiaktion sind auch eine Reaktion auf die neue Strategie der Wölfe, die bis Ende 2013 überwiegend in Hamburg aktiv waren. Wie der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) am Mittwoch erläuterte, seien ab 2014 in anderen Bundesländern sogenannte »WWT-Sektionen« gegründet worden. Offenbar war die Expansion der Wölfe auch eine Reaktion auf erfolgreiche Arbeit der Hamburger Antifa. So betonte Grote, neben internen Spannungen und Strafverfahren seien auch »Outing-Aktionen« durch die Antifa-Szene ein Grund dafür, dass die Aktivitäten der WWT in der Hafenstadt 2014 zurückgegangen seien. Bereits 2013 hatten linke Aktivisten genaue Informationen zu einzelnen Gruppenmitgliedern mit Fotos und Angaben zum Wohnort veröffentlicht. »Daraufhin verübten mutmaßliche Angehörige der Autonomen Antifa Sachbeschädigungen, zum Beispiel mit Farbe und Steinen auf Wohnhäuser«, heißt es in der Erklärung Grothes vom Mittwoch. Viele der Nazis bekamen da kalte Füße.
Mit dem Verbot der »Weiße Wölfe Terrorcrew« ist aber nur ein geringer Teil eines Netzwerkes betroffen, das in verschiedene Bundesländer und offenbar bis in die Schweiz und die Niederlande reicht. Wie einst der »Thüringer Heimatschutz,« so hat auch die jetzt verbotene Organisation Kontakte zu »Blood & Honour« sowie dessen militantem Arm »Combat 18«.
Mehrfach hat die Thüringer Linksfraktion in der vergangenen Legislaturperiode auf Verbindungen zur Partei »Die Rechte« und zur Neonazivereinigung »Der III.Weg« hingewiesen. Es gab gemeinsame Aktionen der WWT mit Neonazis in Erfurt, Berlin und Dresden. Vor allem ein bekannter Neonazi aus dem Weimarer Land hielt engen Kontakt zur Szene. Doch das Innenministerium in Erfurt wiegelte noch Anfang 2014 ab: »Erkenntnisse oder Anhaltspunkte für die tatsächliche Existenz einer Thüringer WWT-Sektion liegen derzeit nicht vor.« Am Mittwoch kam es endlich zu einer Razzia in Erfurt. Auch in Sachsen hat es nach Erkenntnissen des dortigen Verfassungsschutzes eine Wölfesektion gegeben. Aktivitäten der Neonazigruppierungen sind ebenso in Bayern, vor allem in Franken nachweisbar. Die Sektion in Bayern plante unter anderem Anschläge gegen Asylbewerberunterkünfte und gegen ein linkes Szenelokal. Seither befindet sich der bayerische Sektionschef in Untersuchungshaft.
Ob das Verbot auch Thema beim heutigen Justizgipfel zu rechter Gewalt sein wird, ist nicht bekannt. Die Landesjustizminister wollen auf Einladung von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in Berlin darüber diskutieren, ob mehr Ressourcen für die Strafverfolgung gebraucht werden und ob Schwerpunktstaatsanwaltschaften die Verfolgung effizienter machen können. Hintergrund ist die Zunahme von Angriffen auf Asylbewerberheim. Rund 1000 zählte man im vergangenen Jahr. Die Täter werden nur selten ermittelt. Eine Ausnahme ist der Brandanschlag von Salzhemmendorf bei Hannover. Die Tatbeteiligten wurden überführt und stehen derzeit vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft fordert acht Jahre Haft für den Werfer des Molotowcocktails, sieben Jahre für Mittäter sowie vier Jahre und zwei Monate für eine Frau, die zwei von ihnen zum Tatort fuhr.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.