Regierung verteidigt »extra 3« vor Erdogan-Kritik
Satiresendungen gehören selbstverständlich zur deutschen Medienlandschaft dazu
Berlin. Die Bundesregierung hat sich angesichts der Kritik aus der Türkei hinter den satirischen Beitrag über den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gestellt. Sendungen wie die von türkischer Seite beanstandete gehörten aus Sicht der Bundesregierung selbstverständlich zur deutschen Medienlandschaft dazu, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Mittwoch in Berlin. Sie seien von der Presse- und Meinungsfreiheit umfasst.
Ein Satire-Beitrag des NDR-Magazins »extra 3« über Erdogan hatte in den vergangenen Tagen für diplomatischen Wirbel gesorgt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts bestätigte am Mittwoch, dass wegen des Beitrags am Dienstag vergangener Woche der deutsche Botschafter bei der türkischen Regierung einbestellt worden war. Am Dienstag dieser Woche musste er sich erneut für die Haltung Deutschlands rechtfertigen.
Die Sprecherin von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, Botschafter Martin Erdmann habe in den Gesprächen deutlich gemacht, dass die Bundesregierung die Presse- und Meinungsfreiheit als hohes Gut betrachte, die auch Satire umfasse. Es gebe weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit für ein Handeln der Bundesregierung. Die Pressefreiheit sei nicht verhandelbar.
Bereits am Dienstag hatten Parteien und Journalistenverbände die Zensurabsichten Ankaras scharf verurteilt. So verteigte der LINKEN-Vorsitzende Bernd Riexinger verteidigte in einem Statement auf Twitter die Pressefreiheit in Deutschland: »Ist die größere Satire nicht dass #Erdogan glaubt, die Bundesregierung könnte #NDR @extra3 zum Löschen auffordern?« Der Deutsche Journalistenverband (DJV) kritisierte den dipolmatischen Druck durch die Erdogan Regierung. »Der türkische Machthaber Erdogan hat offenbar die Bodenhaftung verloren«, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. »Wenn er wegen einer Satire den deutschen Botschafter in den Senkel stellt, haben die Macher von ,Extra 3› ins Schwarze getroffen. Glückwunsch dazu!« Über das berechtigte Gelächter dürfe aber nicht übersehen werden, dass »die Verfolgung kritischer Journalisten in der Türkei bittere Realität ist«, warnte Überall.
Update: EU-Kommission schaltet sich in Satire-Streit mit Türkei ein
Die EU-Kommission hat sich in den deutsch-türkischen Satire-Streit eingeschaltet und der Regierung in Ankara eine Verletzung der Presse- und Meinungsfreiheit vorgeworfen. »Präsident (Jean-Claude) Juncker hat kein Verständnis dafür, wenn der deutsche Botschafter nur wegen eines satirischen Songs einbestellt wird«, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel. Juncker sei der Überzeugung, dass dies die Türkei weiter von der EU entferne. Der Schritt scheine mit der Wahrung der Presse- und Meinungsfreiheit nicht in Einklang zu stehen. Agenturen/nd
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