Tesla plant das Elektroauto für den Massenmarkt

»Model 3« soll für breite Käuferschichten erschwinglich sein / Weitere Autohersteller kündigen günstige E-Fahrzeuge an

  • John Dyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die kalifornische Stromautoschmiede Tesla visiert mit dem Modell 3 erstmals den Massenmarkt an. Mit 35.000 Dollar und 320 Kilometern Batteriereichweite wird er auch Mittelklassefahrer ansprechen.

Boston. Tesla war immer eine interessante Firma unter den amerikanischen Autoherstellern. Auch, wenn sie ständig nur Verluste schrieb. Jetzt stellt sich der Hersteller von Elektroautos aus Kalifornien seiner bisher größten Herausforderung: Mit seinem Model 3 will er zum ersten Mal die Massenkundschaft ansprechen.

Die Vorstellung des neuen Modells, das nach dem Oberklasse-Modell S und dem Stadtgeländewagen Model X Model 3 heißt, wurde für den Donnerstagabend kalifornischer Zeit – also Freitagmorgen in Europa – angesetzt. Das Model 3 ist um die Hälfte billiger als das S-Modell. Es soll 35.000 Dollar kosten (30.700 Euro). Und es soll eine Reichweite von 200 Meilen oder 322 Kilometern mit einer Aufladung der Batterien haben.

»Das ist ein Wendepunkt für Tesla«, findet George Peterson von der Beraterfirma AutoPacific. Denn bisher setzte das Unternehmen auf begüterte und umweltbewusste Kunden. »Jetzt wollen sie auf mehr Stückzahlen und richtige Ausweitung setzen«, sagte Peterson. Im vergangenen Jahr hat Tesla nur 51.000 Autos verkauft. Firmengründer und eigner Elon Musk hat für dieses Jahr den Verkauft von 93.000 Stück vorgegeben. Bis 2020 liegt die Zielvorstellung bei 500.000 Autos pro Jahr. Dazu wird derzeit eine neue Fabrik im Bundesstaat Nevada gebaut.

Die geringen Verkäufe machen sich in der Kasse von Tesla bemerkbar. 2015 machte das Unternehmen einen Verlust von 900 Millionen Dollar (790 Millionen Euro / 863 Millionen Franken). Das ist dreimal so viel wie im Jahr zuvor. In ihr Gigafactory genanntes Werk in Nevada investiert Tesla 5 Milliarden Dollar. Verkauft sich das Model 3 nicht besser als Model S und Model X, dann müssen Musk und seine Geldgeber diese Investition allein schultern.

Tesla-Enthusiasten standen dennoch am Donnerstag schon vor den Verkaufsstellen an. Tesla verkauft selber und hat kein Konzessionärsnetz. Wie Tony Wetzel (50), der erwartet, dass »das Model 3 mehr technischen Schnickschnack hat als mein Model S.« Viele potentielle Käufer fragten sich, ob das Fahrzeug auch mit einer halbautonomen Lenkung ausgestattet sein werde, der Vorstufe zum Selbstlenker. Wetzel will das neue Modell, aber er rechnet nicht damit, es vor Ablauf eines Jahres oder länger zu bekommen. Denn auch beim Model S und vor allem beim Stadtgeländewagen Model X hat es Lieferengpässe gegeben. Der Tesla X warf eine Menge Probleme auf. Besonders die schicken Flügeltüren funktionierten oft nicht.

Aber die Konkurrenz schläft nicht. General Motors will sein Elektroauto, den Chevrolet Bolt, im Laufe des Jahres auf den Markt bringen. Der Bolt soll um die 30.000 Dollar kosten und dieselbe Reichweite mit einer Batterieaufladung haben wie Teslas Model 3. Und Nissans Leaf mit Elektromotor für 30.000 Dollar erfreut sich steigender Nachfrage.

Barclays erwartet, dass 95.000 Käufer eine Bestellung für Model 3 aufgeben werden, dreimal so viel wie beim Start des Model S vor vier Jahren. Damals mussten 5000 Dollar angezahlt werden, jetzt nur 1000. Die Käufer des Elektroautos erhalten eine Steuerbefreiung von 7500 Dollar. Die läuft aus, wenn Tesla mehr als 200.000 Stück im Jahr produziert.

Kritiker des Tesla-Konzepts sind skeptisch, ob die Firma mit dem neuen Modell in die Gewinnzone fahren kann. »Die Nachfrage nach dem Model S ist abgeflacht. Das Model X erweist sich als Enttäuschung«, kommentierte Mark Spiegel, ein Hedgefonds-Manager von Stanphyl Capital in New York. Nun richteten sich alle Blicke auf das Model 3. Nach seiner Ansicht wird Tesla mehr Autos bauen und dennoch Geld verlieren. »Das Model wird die Firma nicht retten, sondern ihr Ende beschleunigen«, meint der Skeptiker.

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