RWE geht es gut – Der Welt schlecht

Kritik an deutschem Energiekonzern von Texas über Namibia bis ins Rheinland

Der Tagebau Garzweiler II.
Der Tagebau Garzweiler II.

An diesem Mittwoch findet, zum wiederholten Male nur im virtuellen Raum, die Hauptversammlung des Essener Energiekonzerns RWE statt. Dem Energiekonzern geht es gut. Im vergangenen Jahr hat er einen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro erzielt. Das ist mehr, als der Konzern erwartet hat. Das besonders gute Ergebnis führt man auf den Energiehandel und die flexible Stromerzeugung zurück. In seinem Redemanuskript betont RWE-Chef Markus Krebber außerdem, wie wichtig die erneuerbaren Energien für die positiven Aussichten für den Konzern sind. Bis 2040 will der Konzern klimaneutral sein. Den Aktionär*innen verspricht RWE in diesem Jahr eine Dividende von 1,10 Euro. 10 Cent mehr als im vergangenen Jahr. Fünf bis zehn Prozent soll die Dividende in jedem Jahr wachsen. Krebber verspricht, seine Aktionär*innen »langfristig am Erfolg von RWE« zu beteiligen. Dem Konzernchef selbst winkt eine Gehaltssteigerung. Von neun auf elf Millionen soll seine Bezahlung steigen. Auch die Aufsichtsräte werden künftig großzügiger bezahlt. Man begründet das mit dem Vergütungsniveau anderer Großkonzerne.

Während man bei RWE also gut gelaunt in die Zukunft blickt, sieht das bei Konzernkritiker*innen ganz anders aus. Am Dienstag hat der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zu einer Pressekonferenz eingeladen. Von RWE Betroffene aus mehreren Ländern äußerten dabei ihre Kritik und machten deutlich, dass RWE mehr als ein deutscher Konzern ist.

Im texanischen Port Arthur wird derzeit ein Terminal für LNG-Gas gebaut. Nächstes Jahr soll es in Betrieb gehen. RWE hat einen 15-jährigen Liefervertrag über jährlich 2,25 Millionen Tonnen LNG-Gas abgeschlossen. Für die Menschen vor Ort eine Katastrophe, wie John Beard vom Community Action Network berichtet. Beard, einst selbst Raffineriearbeiter, berichtet von massiven Umweltschäden in der texanischen Hafenstadt. »RWEs Liefervertrag für LNG aus Port Arthur ist ein weiterer Sargnagel für unsere Gemeinde«, stellt Beard fest. »Das geplante LNG-Terminal wird die Luftqualität noch weiter verschlimmern und unsere sowieso schon katastrophale Umwelt weiter zerstören. Krebsraten und Atemwegserkrankungen der lokalen Bevölkerung werden durch das verantwortungslose Handeln RWEs weiter ansteigen.« Beard fordert von RWE den Ausstieg aus dem Liefervertrag.

In Namibia ist RWE an einem grünen Wasserstoffprojekt beteiligt. Der Konzern Hyphen will dort Wasserstoff produzieren, der soll dann wegen der leichteren Transportierbarkeit in Ammoniak umgewandelt werden. RWE will ab 2027 jährlich 300 000 Tonnen abnehmen. Maboss Johannes Ortmann von der Nama Traditional Leaders Association wirft RWE »grünen Kolonialismus« vor. Der Globale Süden werde im Namen der Energiewende im Norden ausgebeutet. Mit Hyphen werde die »ursprüngliche illegale Übernahme angestammter Nama-Gebiete« legitimiert. Andrea Pietrafesa und Anne Schroeter vom European Center for Constitutional and Human Rights betonen, dass die notwendige Energiewende nicht auf Kosten der Menschenrechte erfolgen darf und gerecht sein muss: »Europa will seine Dekarbonisierungsziele erreichen, wiederholt aber koloniale Muster auf indigenem Land, ohne das Recht auf sinnvolle Konsultation und freie, vorherige und informierte Zustimmung zu garantieren.«

Daran, dass auch bei RWE vor der Haustür längst nicht alles gut und grün läuft, erinnerte Timon Turban vom Wasserbündnis Rheinisches Revier. Turbans Bündnis beschäftigt sich mit der Rheinwassertransportleitung, mit der RWE die Tagebaulöcher im Rheinland füllen will. Aus Turbans Sicht ein irrsinniger Plan: »Die Tagebaulöcher müssen verkleinert und nicht vergrößert werden, denn eine überdimensionale Wassertransportleitung kann nicht die Lösung sein, wenn die Wasserquelle, der Rhein, im März bereits von Dürre betroffen ist.« Timon Turban forderte die nordrhein-westfälische Landesregierung dazu auf, dafür zu sorgen, dass RWE etwa mit einer Stiftung die Ewigkeitskosten trägt, die aus dem Kohleabbau entstanden sind.

Die Kritischen Aktionär*innen haben aus diesen und weiteren Gründen zahlreiche Gegenanträge zur RWE-Hauptversammlung eingereicht. Dass eine Mehrheit der Aktionär*innen ihnen folgen wird, unwahrscheinlich. Aber sie werden bei der Hauptversammlung vorgestellt.

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