Ein Angebot sorgt für Ärger

Aufnahme von Flüchtlingen? SPD-Mann attackiert Ramelow

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 2 Min.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat vorgeschlagen, nicht nur humanitär daherzureden, sondern auch zu handeln - und Flüchtlinge aus dem griechischen Idomeni aufzunehmen. Wer sträubt sich nun dagegen und erhebt Vorwürfe gegen den Linksparteipolitiker? Die SPD. »Man sollte nicht das Schicksal von Flüchtlingen für die eigene Profilierung nutzen«, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, der »Thüringer Allgemeinen«. Ramelow habe »falsche Hoffnungen genährt und ein Signal gesetzt, das missverstanden wird. Wir wissen spätestens seit der Grenzöffnung im September 2015 und den Selfies der Bundeskanzlerin, dass so etwas als Aufforderung zur Massenflucht interpretiert werden kann«. Schneider ist auch Vizechef der Thüringer SPD. Dort regieren SPD, Linkspartei und Grüne zusammen. Schneider: »Der Ministerpräsident hat nicht für uns Sozialdemokraten gesprochen. Deutschland sollte nicht den Eindruck erwecken, als könne es die Probleme der ganzen Welt lösen. Und Thüringen sollte sich nicht aufspielen, indem es für sich eine Sonderrolle reklamiert.«

Ramelow hatte angeboten, sein Land könnte bei einer »koordinierten Aktion mehrerer Bundesländer« 1000 bis 2000 Flüchtlinge aus Idomeni aufnehmen. Dort sitzen Tausende Menschen fest, weil die EU-Staaten eine Politik der Abschottung verfolgen. Menschenrechtler haben die Zustände dort als katastrophal kritisiert. Voraussetzung für die Aufnahme in Thüringen sei, dass die Bundesregierung in Visafragen und bei der Logistik helfe. Die Bundesregierung hatte, um es vorsichtig zu formulieren: zurückhaltend auf das Angebot reagiert. Immerhin: Auch aus dem linksregierten Barcelona war ein ähnliches Angebot gekommen.

Juliane Nagel, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Linksfraktion in Sachsen, forderte den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) angesichts vieler freier Plätze in sächsischen Aufnahmeeinrichtungen auf, sich zusammen mit Thüringen für einen »Ausweg aus der humanitären Katastrophe« in Griechenland einzusetzen: »Die griechischen Aufnahmelager sind hoffnungslos überfüllt, die humanitäre Situation untragbar. Griechenland ist nicht in der Lage, den Zehntausenden Geflüchteten eine menschenwürdige und den EU-Maßgaben entsprechende Aufnahme sowie rechtsstaatliche Asylverfahren zu gewährleisten«, so Nagel.

Schneiders Absage an das Angebot und seine Vorwürfe gegen Ramelow stießen in der Linkspartei auf helle Empörung. »Exakt so klingt die SPD, die niemand braucht«, sagte der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias Höhn. Die Landeschefin der LINKEN in Thüringen, Susanne Hennig, fragte im Kurznachrichtendienst Twitter rhetorisch und mit Blick auch auf eine von der SPD mitbetriebene Politik der Fluchtursachen: »Wer ist eigentlich Carsten Schneider? Der, der im Bundestag Kriegseinsätzen, Rüstungsexporten und Diätenerhöhungen zustimmt?« Mit Agenturen

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