Militärische Flugabwehr im Innern

Neues Gesetz soll Bundeswehr Abschuss von Drohnen in ganz Deutschland erlauben

Der Verteidigungsminister lässt sich bei der Bundeswehr Technik für die Drohnenabwehr zeigen.
Der Verteidigungsminister lässt sich bei der Bundeswehr Technik für die Drohnenabwehr zeigen.

Ein Entwurf zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes sieht angeblich vor, dass die Bundeswehr Waffengewalt gegen verdächtige Drohnen einsetzen darf. Möglich wäre dies in ganz Deutschland. Über diesen Vorschlag, der am Mittwoch im Bundeskabinett beraten werden soll, berichtete am Freitag die Deutsche Presseagentur. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte das Vorhaben zunächst »weder bestätigen noch dementieren«. Jedoch würden zur Zusammenarbeit von zivilen Behörden und dem Militär Gespräche geführt.

Die Bundesregierung will mit der Änderung auf die zunehmende Bedrohung durch undokumentierte Drohnenflüge über kritischen Infrastruktureinrichtungen und Militärstandorten reagieren. Diese können seit Monaten nicht aufgeklärt werden, obwohl sie in großer Zahl und mitunter sogar im Schwarm erfolgen. Der Abflugort der Geräte, bei denen es sich meist um senkrecht startende kleine Quadrokopter und in einigen Fällen auch größere Starrflügler handeln soll, ist in den meisten Fällen ebenfalls unklar.

Betroffen waren Ausbildungseinrichtungen für ukrainische Soldaten, der US-Militärflugplatz Ramstein sowie Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall. Die Behörden schließen wie in den vielen anderen Fällen nicht aus, dass es sich dabei um russische Spionage im Kontext des Ukraine-Krieges gehandelt haben könnte. Es wird vermutet, dass die Drohnen verbotene Aufnahmen der Militäranlagen anfertigen. Zuletzt sollen am Wochenende bis zu zehn Drohnen den Militärflugplatz in Manching bei Ingolstadt überflogen haben. Dort arbeitet die Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr.

Betroffen waren Ausbildungseinrichtungen für ukrainische Soldaten, der US-Militärflugplatz Ramstein sowie Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall.

Bislang regelt das Luftsicherheitsgesetz, dass an internationalen Flughäfen die Bundespolizei und im gesamten restlichen Bundesgebiet die Landespolizeien für die Drohnenabwehr zuständig sind. Die Behörden haben dafür Geräte beschafft, die auf die Funkverbindung zwischen der Fernsteuerung und der Drohne zielen. Fällt diese aus, sinkt das unbemannte Luftfahrzeug zu Boden oder fliegt zu einem definierten Ort zurück.

Auch das Bundeskriminalamt (BKA) beobachtet das Phänomen unerwünschter Drohnen seit Jahren und verfügt über Technik zur Abwehr. Einsätze erfolgen etwa bei Staatsbesuchen oder Gipfeltreffen, bei denen eine terroristische Gefährdung angenommen wird. Neben Störsendern haben BKA und Bundespolizei mit Netzen ausgerüstete Drohnen beschafft, die andere Drohnen einfangen können. Die störenden Überflüge konnten aber mit keinem dieser Geräte gestoppt werden.

Der Gesetzesentwurf soll hier Abhilfe schaffen. Während der Polizei bisher nur mildere Maßnahmen wie Abdrängen, erzwungene Landungen oder Warnschüsse erlaubt waren, soll nun auch der Einsatz militärischer Gewalt möglich sein. Über die neue zivil-militärische Zusammenarbeit gegen Drohnen haben Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) bereits im Dezember gesprochen.

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Allerdings sollen die Voraussetzungen für einen Waffeneinsatz streng definiert bleiben. Die Bundeswehr soll nur bei drohenden katastrophalen Schäden oder Gefahren für Leib und Leben eingreifen dürfen. Und auch nur dann, wenn sie zur Unterstützung der Polizei gerufen wurde. Dies könnte beispielsweise bei einem drohenden Flugzeug- oder Eisenbahnunglück, einem möglichen Ausfall des Stromnetzes oder einem befürchteten Terroranschlag erfolgen.

Um das Gesetz noch vor der Bundestagswahl beschließen zu können, braucht die rot-grüne Rest-Regierung die Zustimmung der Union. Den Konservativen gehen die Pläne aber nicht weit genug. Die militärische Drohnenabwehr wäre eine Amtshilfe nach Artikel 35 des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht habe 2012 bekräftigt, dass dafür in jedem Einzelfall ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich sei, erinnert der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings (CDU). Über einen Drohnenabschuss müsse aber in wenigen Minuten entschieden werden.

»Wer unsere Luftsicherheit wirklich stärken will, muss ans Grundgesetz ran und es ermöglichen, dass diese besonders eiligen Fälle schnell und flexibel innerhalb der Bundeswehr entschieden werden können«, sagte Krings. Die Union sei nach der Bundestagswahl bereit, das Grundgesetz entsprechend anzupassen. Mit Agenturen

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