»Panama Papers«: FIFA-Ethiker Damiani legt Amt nieder

Schweizer Bundespolizei durchsucht Zentrale der UEFA / Islands Premier legt Amt nur vorübergehend nieder / Zehntausende hatten zuvor Rücktritt von Gunnlaugsson gefordert / Rechtsliberaler stand wegen Geheimkonten im Ausland massiv unter Druck

  • Lesedauer: 4 Min.
Update 17.30 Uhr: FIFA-Ethiker Damiani legt Amt nieder - Ermittlungen gehen weiter

Juan Pedro Damiani ist nach der Einleitung interner Vorermittlungen aus der FIFA-Ethikkommission zurückgetreten. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Kreisen des Fußball-Weltverbandes. Zuvor hatten der Schweizer »Tages-Anzeiger« und die »Süddeutsche Zeitung« in ihren Online-Ausgaben über den Rückzug des Uruguayers berichtet.

Der Anwalt Damiani, seit 2006 Mitglied der Ethikkommission, soll drei Angeklagten im FIFA-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die möglicherweise Fußball-Funktionäre bestochen worden sein sollen. Das wurde durch die Veröffentlichung der »Panama Papers« bekannt.

Damiani war Mitglied der rechtsprechenden Kammer der FIFA-Ethikkommission unter dem Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert. Die Ermittlungen gegen Damiani gehen ungeachtet des Rücktritts weiter.

Auch der amtierende FIFA-Präsident Gianni Infantino gerät durch die Panama Papers in Bedrängnis. Die Schweizer Bundespolizei hatte am Mittwoch die Zentrale der Europäischen Fußball-Union UEFA in Nyon untersucht. Die Behörden sichteten und beschlagnahmten im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen den ehemaligen UEFA-Generalsekretär und heutigen FIFA-Präsidenten Gianni Infantino umfangreiches Material.

Die UEFA bestätigte in einer Pressemitteilung, dass die Beamten Einsicht in die Verträge zwischen der UEFA und der Briefkastenfirma Cross Trading verlangt hätten. »Natürlich stellt die UEFA der Bundespolizei alle relevanten Dokumente in ihrem Besitz zur Verfügung und wird vollumfänglich kooperieren«, hieß es in dem Statement des Europa-Verbandes.

Update 12.00 Uhr: Ministerpräsident will doch nicht zurücktreten

Der durch die »Panama-Papers« in die Kritik geratene isländische Ministerpräsident David Gunnlaugsson will sein Regierungsamt doch nicht endgültig aufgeben. In einer Pressemitteilung, die sein Büro am Dienstagabend verbreitete, hieß es: »Der Ministerpräsident ist nicht zurückgetreten und wird weiterhin als Vorsitzender der Fortschrittspartei tätig sein.« Er habe nur vorgeschlagen, dass sein Stellvertreter Ingi Jóhannsson das Regierungsamt vorübergehend übernehme.

Verwirrspiel um angeblichen Rücktritt des Ministerpräsidenten

Zuvor hatte der isländische Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen seinen Rücktritt angekündigt. Der Regierungschef habe in einer Fraktionssitzung seinen Amtsverzicht erklärt, sagte der Landwirtschaftsminister und Vizechef der Fortschrittspartei, Sigurdur Ingi Johannsson, am Dienstagabend im Fernsehen. Johannsson kündigte an, er werde die Regierungsgeschäfte übernehmen. Zehntausende Menschen hatten am Montagabend in der isländischen Hauptstadt Reykjavik Gunnlaugssons Rücktritt gefordert, nachdem sein Name im Zusammenhang mit den »Panama Papers« aufgetaucht war. Vor seiner Rücktrittankündigung scheiterte Gunnlaugsson am Dienstag mit dem Versuch, das Parlament aufzulösen. Präsident Olafur Ragnar Grimsson wies seinen Antrag zurück.

Zehntausende fordern Rücktritt des Premiers wegen »Panama Papers«

Berlin. Der isländische Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson hat nach den »Panama Papers«-Enthüllungen offenbar angeboten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen zuzulassen, wenn er den Rückhalt seines Koalitionspartners, der Unabhängigkeitspartei, verliert. Das berichtet die BBC. Weil er aber noch nicht mit dem Regierungspartner von Gunnlaugssons Fortschrittspartei, der Unabhängigkeitspartei, gesprochen habe, habe er die Erlaubnis zunächst nicht erteilt, sagte Präsident Ólafur Ragnar Grímsson am Dienstag vor Journalisten.

Zehntausende Menschen hatten zuvor den Rücktritt von Islands Regierungschef David Sigmundur Gunnlaugsson gefordert, der durch die Enthüllungen aus den »Panama Papers« über Geheimkonten im Ausland massiv unter Druck geraten ist. Sie zogen vor das Parlament in Reykjavik, »übernehmen Sie ihre Verantwortung«, stand auf vielen Plakaten.

Gunnlaugsson soll demnach im Herbst 2007 gemeinsam mit seiner späteren Frau Anteilseigner einer Firma namens Wintris Inc. auf den Britischen Jungferninseln geworden sein. Dorthin sollen Millionen Dollar geflossen sein, die Gunnlaugssons Partnerin von ihrem Vater geerbt hatte. Ende 2009 überschrieb er seiner Partnerin für einen symbolischen Dollar seinen ganzen Anteil. Er war aber schon Mitte des Jahres ins Parlament eingezogen und hatte dabei sein Vermögen unterschlagen.

Der Ministerpräsident der rechtsliberalen Fortschrittspartei lehnte einen Rücktritt am Montag ab und bestritt die Absicht, Steuern zu hinterziehen. Er habe das Vermögen damals verheimlicht, damit der Reichtum seiner Frau im Wahlkampf nicht zum Thema werde, beteuerte er im Parlament. Die Justiz ermittelt bislang nicht gegen Gunnlaugsson. Wann über einen Misstrauensantrag der Opposition entschieden werden sollte, war zunächst nicht klar.

Auf das Thema angesprochen, hatte der rechtsliberale Politiker eine am Sonntagabend im isländischen Fernsehen ausgestrahlte Sendung verlassen, die bereits am 11. März aufgenommen worden war. Am Montag entschuldigte er sich im Fernsehen dafür, sich bei dem Interview »furchtbar« verhalten zu haben. »Natürlich wünschte ich, meiner Frau würde diese ausländische Firma nicht gehören.«

Die frühere isländische Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir erklärte, Gunnlaugsson sei es seinem Volk schuldig, sofort zurückzutreten. Eine Online-Petition für den Abgang des Regierungschefs in dem Land mit rund 330.000 Einwohnern sammelte Zehntausende Unterschriften. Die globale Finanzkrise hatte das kleine Land ab 2008 hart getroffen. Die drei größten Banken waren zusammengebrochen. Auf die Sozialdemokratin Sigurdardottir war Gunnlaugsson 2013 als Chef einer Mitte-Rechts-Regierung gefolgt und hatte Einigungen zwischen den kollabierten Banken und ihren Gläubigern erreicht. Agenturen/nd

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