Luftangriff in Flörsheim

Im Anflugbereich des Frankfurter Airports gab es erneut schwere Verwirbelungsschäden

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein neuer Vorfall im Anflugbereich des Fraports sorgt in der Rhein-Main-Region für Aufregung. Er bestärkt die Gegner des geplanten Airportausbaus ihrer Forderung nach Stilllegung der Nordwest-Piste.

Der Lufthansa Cargo-Flug LH 8401 von Schanghai nach Frankfurt/Main landete am 31. März nach offiziellen Angaben um 14:00:28 Uhr auf der Nordwest-Landebahn. Doch es war kein Anflug wie jeder andere. Denn kurz zuvor verursachte die Maschine beim Überflug in der zwischen Frankfurt und Wiesbaden gelegenen Stadt Flörsheim am Main einen sogenannten Wirbelschleppenschaden. Betroffen waren das Gebäude und das Grundstück Riedstraße 75.

Die Luftwirbel hinter einem großen Flugzeug, das weiß jeder Pilot, sind stark genug, nachfolgende Flugzeuge zu gefährden. Weshalb Sicherheitsabstände strikt eingehalten werden müssen. Wenn ein Flugzeug tief fliegt, können diese Wirbel aber auch größere Schäden an Gebäuden anrichten und Menschen gefährden.

In Flörsheim ebenso wie in den benachbarten Kleinstädten Hattersheim und Raunheim sind sich die Bewohner der Gefahr solcher durch anfliegende Jets ausgelöster Luftverwirbelungen durchaus bewusst. Schon mehrfach haben sich hier seit 2011 im Bereich der Einflugschneise Dachziegel gelöst und sind auf tiefer liegende Dächer, Straßen und Gärten geprallt. Nur dank glücklicher Umstände wurde dabei bislang niemand verletzt.

Auch in der Riedstraße 75 wurden Ziegel vom Dach gerissen, auf dem Grundstück vor dem Haus bot sich nach dem Überflug ein Bild der Verwüstung. »Das ganze Haus hat gewackelt«, zitiert ein Lokalblatt die 14 Jahre alte Alina W., die sich zu diesem Zeitpunkt im Hause befand. Aufgrund des Lärms vermutete sie zunächst, dass in der Nähe eine Bombe abgeworfen wurde. Wenig später fand die Jugendliche vor dem Haus Trümmer von Ziegeln. Glücklicherweise hielt sich zu diesem Zeitpunkt niemand vor dem Hause auf. Auch das dort üblicherweise geparkte Auto der Familie befand sich an einer anderen Stelle und blieb deshalb unbeschädigt.

Glück hatten auch Trauergäste, die sich in gut 150 Metern Entfernung zu einer Beerdigung auf dem Flörsheimer Friedhof eingefunden hatten. Um 14 Uhr hatte dort in der Kapelle die Trauerfeier begonnen, so dass sich die Menschen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter freiem Himmel befanden.

»Ohne das Geschehen zu verharmlosen, hat Flörsheim wieder einmal ein unverschämtes Glück gehabt und es ist nicht zu Personenschäden gekommen«, erklärte Dirk Treber von der regionalen Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms (IGF Rhein Main) am Montagabend bei der 42. Mahnwache seines Bündnisses am Terminal 1 des Rhein-Main-Flughafens. Der langjährige Streiter gegen Fluglärm erinnerte daran, dass es laut Planfeststellungsantrag des Flughafenbetreibers Fraport AG für den Bau der Landebahn »nur alle zehn Millionen Jahre zu einem Wirbelschleppenvorfall kommen sollte«. Doch die Wirklichkeit sei eine andere: Seit 2011 habe es in Flörsheim weit über 30 und in Raunheim über 60 solcher Vorkommnisse gegeben, so Treber, der in den 1980er Jahren für die Grünen im Hessischen Landtag saß.

Zwar habe Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir Grüne) im Frühjahr 2014 ein Programm für zusätzliche Dachbefestigungen in Flörsheim und Raunheim verfügt, sagt Treber. Doch bis heute seien noch sehr viele Hausdächer nicht geklammert worden. Außerdem schütze das Dachklammerungsprogramm nicht vor Wirbelschleppen, die jederzeit Fußgänger, Radfahrer, Jogger, Kanufahrer auf dem Main oder Trauergäste auf dem Friedhof treffen könnten, so seine Mahnung. Wirksamen Schutz für die betroffene Bevölkerung und mehr Lebensqualität gebe es nicht durch Dachklammerung, sondern nur durch eine sofortige Stilllegung der Nordwest-Landebahn und einen Rückbau des Flughafens, unterstrich Treber.

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