Ohne Twitter

PERSONALIE

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass die Journalistin Patricia Schlesinger in einem Mediensystem, das immer schneller und hektischer nach immer mehr Nachrichten im 140-Zeichen-Format verlangt und jeden, der nicht mitmacht, ins Netz-Abseits stellt, keinen eigenen Twitter-Account hat, wirkt auf den ersten Blick befremdlich. Aber Patricia Schlesinger, die in Hannover geborene Enkeltochter des DDR-Politikers und LDPD-Volkskammerabgeordneten Artur Schlesinger (1890-1981), ist ja bislang auch nur Journalistin. Vermutlich werden ihr die Chargen beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) bis zum Amtsantritt als Intendantin am 1. Juli einen Twitter-Account einrichten, schließlich muss der rbb wie jeder Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks um Marktanteile kämpfen.

Fast 26 Jahre nach der Einheit und rund 13 Jahre nach der Gründung der aus der Fusion von ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) und SFB (Sender Freies Berlin) entstandenen Zwei-Länder-Anstalt kämpft der RBB nach wie vor um die Anerkennung beim Publikum in der Region. Die Einschaltquoten im eigenen Sendegebiet des RBB-Fernsehens sind konstant schwach. An der Überwindung der Misere haben sich schon die Vorgänger die Zähne ausgebissen.

Die Noch-Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation des NDR-Fernsehens, die ihr ganzes Journalisten-Leben bislang beim NDR verbracht hat (u.a. war sie Reporterin beim Magazin »Panorama« und als Auslandskorrespondentin in Südostasien tätig), weiß um die Schwierigkeiten, die sie als Nachfolgerin von Dagmar Reim erwarten. »Ich übernehme in einer Zeit, in der es eigentlich aufwärts gehen kann, aufwärts gehen sollte«, kommentierte sie ihre Wahl.

Sie wird viel Durchsetzungskraft benötigen, denn das Prozedere ihrer Wahl offenbarte, dass der Rückhalt im Rundfunkrat nicht sehr groß ist. Sechs Wahlgänge sollen notwendig gewesen sein, bis Schlesinger sich gegen ihren Konkurrenten, den ZDF-Journalisten Theo Koll durchgesetzt und die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten hatte.

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