IG Metall bekräftigt Tarifforderung vor Verhandlungen in NRW

Gewerkschaft fordert fünf Prozent mehr Lohn: »Im Vergleich zu Gewinnen fällt Tariferhöhung nicht ins Gewicht« / Unternehmen: Forderung »unvernünftig und unverträglich hoch«

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Vor den am Montag startenden Tarifverhandlungen sind die Fronten verhärtet: Während die Gewerkschaft auf hohe Gewinne und Dividendenzahlungen verweist, lhenen die Unternehmen die Höhe der Forderung grundweg ab.

Düsseldorf. Die Tarifrunde 2016 in der Metall- und Elektroindustrie nimmt allmählich Fahrt auf. An diesem Montag startet in Nordrhein-Westfalen die zweite Verhandlungsrunde. Dabei wird ein Tarifangebot der Metallunternehmen erwartet, die sich im Vorfeld der Gespräche in Düsseldorf über ihr bundesweites Vorgehen abstimmen wollten.

Die IG Metall fordert bundesweit Einkommensverbesserungen von 5 Prozent. »Die Arbeitgeber sind gut beraten, jetzt mal aus ihrer Ecke zu kommen und was Ordentliches auf den Tisch zu legen«, sagte NRW-Bezirksleiter Knut Giesler der »Rheinischen Post«. Sollten sich die Arbeitgeber auch in der dritten Runde am 28. April »unvernünftig zeigen, wird es Warnstreiks geben« - notfalls »auch mal für 24 Stunden«. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann kündigte zudem Aktionen in nicht tarifgebundenen Betrieben an. »Dort herrscht bekanntlich keine Friedenspflicht«, sagte er der in Essen erscheinenden »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«. Die Friedenspflicht endet am 28. April.

Die Gewerkschaft untermauert ihre Forderung mit der guten wirtschaftlichen Lage der Unternehmen – von der auch die Beschäftigten profitieren müssten, die sie erwirtschaften. Die börsennotierten Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie hätten 2015 insgesamt einen Gewinn von über 41 Milliarden Euro erzielt, von denen sie über 11 Milliarden Euro als Dividenden ausschütteten. Die Erhöhung der Löhne und Gehälter für die Beschäftigten um jeweils ein Prozent mache dagegen nicht einmal eine Milliarde Euro aus.

Die Unternehmer im Südwesten Deutschlands, wo am Donnerstag verhandelt wird, haben unterdessen angekündigt, auf die Vorstellungen der IG Metall zu reagieren. Die Forderung der Gewerkschaft von fünf Prozent sei »in weiten Teilen nicht nachvollziehbar«, sagte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Stefan Wolf, dem »Tagesspiegel«. »Wir werden in der zweiten Runde darauf antworten.«

Mit rund 700.000 Beschäftigten gehört NRW neben Bayern und Baden-Württemberg zu den größten Tarifbezirken. Pilotabschlüsse, die dann wegweisend sind für die übrigen Regionen, werden oft in einem dieser Bezirke erzielt, zumeist in Baden-Württemberg. Eine Einigung wird in der zweiten Verhandlungsrunde aber nicht erwartet.

Eine Lösung des Tarifkonflikts gilt als schwierig. Die Forderung der IG Metall hatten die Unternehmen als »unvernünftig und unverträglich hoch« kritisiert. Sie würde auch der extrem heterogenen Lage der Firmen nicht gerecht und sei ökonomisch nicht zu begründen, betont beispielsweise Metall-NRW-Präsident Arndt Kirchhoff, der auch Vizepräsident des Unternehmensverbandes Gesamtmetall ist.

Dabei weist er immer wieder darauf hin, dass die wirtschaftliche Lage der Betriebe derzeit durch billiges Geld, günstige Wechselkurse und niedrige Öl- und Rohstoffpreise übertüncht werde. »Wir leben in einer Wettbewerbsfähigkeits-Illusion«, sagt der Verhandlungsführer der Metallarbeitgeber in NRW und warnte vor einer realitätsfernen Lohnpolitik.

Das sieht die IG Metall naturgemäß anders: Die Auslastung der Betriebe sei stabil und die Beschäftigungssituation gut. »Was wir fordern ist bezahlbar und zukunftsorientiert«, sagt Giesler. Außerdem habe eine Umfrage unter den Betriebsräten gezeigt, dass die Innovationsfähigkeit für die Unternehmen weitaus entscheidender sei als der Kostenfaktor Arbeit.

Über eine Einigung bei den Tarifverhandlungen könnte am Ende auch der Einbau von Differenzierungsklauseln in die Tarifverträge mitentscheiden. Es müsse verhindert werden, dass etliche Unternehmen durch eine Tariferhöhung überfordert würden, verlangt Kirchhoff. So könnten die Tarifparteien festlegen, dass Betriebe unter schwierigen Bedingungen die Tariferhöhung einige Monate verschieben dürfen. dpa/nd

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