Zum Sieg getrieben
Nach Werders 3:2 gegen Wolfsburg danken alle den Bremer Fans
Am Tag danach war es nur ein Häuflein treuer Anhänger, die ihren Idolen am Eingang zum Weserstadion ihre Aufwartung machten. War ja auch nicht allzu spannend, wie Zlatko Junuzovic, Sambou Yatabaré oder Clemens Fritz, die siegbringenden Garanten des SV Werder beim 3:2 gegen Wolfsburg, ihr Mountainbike aus einem Blechverschlag schoben, um damit eine halbstündige Tour am Osterdeich anzutreten. Ausradeln statt Auslaufen hieß das Gebot am Sonntag, nachdem am Samstagnachmittag ein anderes gegolten hatte: anfeuern statt auspfeifen. Mindestens 5000 Fans standen weit mehr als eine Stunde vor Spielbeginn Spalier, um den Mannschaftsbus auf der Schleichfahrt von der Rampe herunter bis zum Spielertrakt zu begleiten.
Die verabreichte Motivationsspritze entfaltete eine erstaunliche Wirkung: Die zuletzt so verunsicherten Profis schwangen sich zu einer in jeder Hinsicht erstligareifen Leistung auf. »Wenn auf dem Weg zum Stadion so viele Fans stehen, dann ist das Gänsehaut pur. Da zerreißt du dich gern«, beschied Junuzovic. Der 28-jährige Fleißarbeiter, vor Wochen noch als Gesicht des Niedergangs gebrandmarkt, holte nicht nur den Elfmeter heraus, der Claudio Pizarro das 1:0 (32.) ermöglichte, sondern bereitete auch das 2:1 von Fin Bartels (64.) und das 3:1 von Winterneuzugang Yatabaré (83.) vor.
Ursächlich das außergewöhnliche Ambiente machte auch Trainer Viktor Skripnik als Garanten aus, der mit dem Sieg auch das Selbstvertrauen zurückbrachte: »Die Unterstützung war der Wahnsinn - ich bin dafür dankbar.« Nebenbei sicherte der Befreiungsakt auch den Job des 46-Jährigen, der auf der Zielgeraden gewiss nicht mehr gefeuert wird. Seine Mannschaft habe mit Herz Fußball gespielt. Nur so gehe es im Abstiegskampf, stellte Skripnik heraus. »Wir werden weiter akribisch sein, professionell und nicht hektisch«, versprach er weiter, verweigerte aber jegliche Auskünfte zu seinem Gefühlsleben. Die Variante ist ja nicht vom Tisch, dass am Saisonende der mit der Öffentlichkeitsarbeit oft überforderten Ukrainer (eventuell gegen Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht) ausgetauscht wird.
Für Werder ist zunächst aber das Wichtigste, dass sich die Begräbnisstimmung, die nach der jüngsten Heimpleite gegen Augsburg noch geherrscht hatte, wieder in eine Aufbruchsstimmung gewandelt hat. Bremen steht zwar weiter auf Relegationsrang 16, aber Geschäftsführer Thomas Eichin glaubt fest daran, in der Tabelle noch zu klettern. »Wir können jetzt noch Teams einholen, die glaubten, dass sie weit weg sind.« Er meint damit Hamburg, Stuttgart und Köln - die Gegner bis zum letzten Heimspiel gegen Frankfurt.
Zuvor steht aber am Dienstag das DFB-Pokalhalbfinale bei den Bayern an. Eichin sieht allein »positiven Druck«, und Skripnik kann es sich kaum leisten, die Partie vorab aufzugeben wie Anfang März die Bundesliga-Begegnung in München (0:5).
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