TTIP-Protest: Gericht erlaubt Mahnwache nahe Obama
Amnesty International darf am Sonntag nahe des Kongresszentrum protestieren / Gericht: »Empfindlichkeiten« dürfen Grundrechte nicht aushebeln – Polizei kündigt Beschwerde gegen Entscheidung an
Hannover. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International soll vor dem Kongresszentrum, in dem US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel die Hannover-Messe eröffnen, demonstrieren dürfen. Gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts, hat die Polizei Beschwerde angekündigt.
Verbannt hatte Hannovers Polizeidirektion die kleine Mahnwache, mit der Amnesty International (AI) unter dem Motto »Menschenrechte in den USA« zum Obama-Besuch erscheinen wollte. Geschehen sollte das auf einer Wiese vor dem Haupteingang des Hannoverschen Kongresszentrums, in dem der Präsident und die Kanzlerin am Sonntagabend vor 3000 Gästen sprechen. Doch das Erscheinen von 20 AI-Aktivistinnen und -Aktivisten ist den Sicherheitsbehörden offenbar zu gefährlich für Obama und weitere hochrangige Politiker.
Deshalb verfügte die Polizei: Die Mahnwache darf stattfinden, aber an einer Straße, die gut einen Kilometer weit entfernt ist vom Ort der Feierstunde. Nicht in Sicht-, geschweige denn in Hörweite des Kongresszentrums. Mit Erfolg ist Amnesty International nun gegen diesen polizeilichen Akt vorgegangen. Das Verwaltungsgericht Hannover hat am Donnerstagabend im Eilverfahren entschieden: AI darf sehr wohl in der Nähe des Haupteingangs die Mahnwache aufstellen. Nicht auf der gewünschten Wiese – das wäre dann wohl doch zu nah an den Promis – aber doch ziemlich in ihrer Nähe auf einem etwas seitlich gelegenen Rasenstück.
Die Weisung der Polizei, AI möge relativ weit entfernt vom Kongresszentrum demonstrieren, greift nach Ansicht des Gerichts in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein und würde diese »schwerwiegend« beeinträchtigen, und: An dem von der Polizei gewünschten Ort der Mahnwache würde diese von den Gästen der Messeeröffnung nicht wahrgenommen. Ein »Beachtungserfolg« der Aktion wäre nahezu ausgeschlossen.
»Empfindlichkeiten ausländischer Politiker«, so das Verwaltungsgericht, dürfen weder Versammlungs- noch Meinungsfreiheit beeinträchtigen. Die Mahnwache müsse sich »auch gegenüber ausländischen Machtträgern kritisch äußern« können. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat die Polizei beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschwerde angekündigt. Ob sie dieses Rechtsmittel tatsächlich einlegt, ist noch nicht entschieden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.