Verjüngungsparty
Das »nd« feiert 70. Geburtstag und fühlt sich wie 25
Runde Geburtstage eignen sich gut, um das Leben Revue passieren zu lassen - besonders, wenn die Existenz von starken Brüchen geprägt ist. 70 Jahre ist diese Zeitung nun alt, doch denkt und fühlt sie, als wäre sie 25. Seit der Wendezeit einer Verjüngungskur unterzogen, bleibt der Wandel einer der prägenden Erfahrungen des »neuen deutschland«. Natürlich kann eine Geburtstagssause nicht ohne Rückblicke auskommen, mit 70 hat man viel erlebt, Fehler gemacht und gelernt. Mit 25 ist der Hunger nach der Zukunft größer, forsch wirft man sich allen Herausforderungen entgegen.
Drei Tage feierte die Zeitung sich selbst, ihre Leserinnen und Leser, aber auch die vielen Freunde und Bekannten, denen sie, wie in jedem Leben, mal näher und mal fremder gegenüber steht. Klar, dass auch die Widersprüche der Zeitung thematisiert wurden. Der Schriftsteller Karsten Krampitz diskutierte über sein neues Buch »Das Jahr 1976«, das in Auszügen im »nd« vorab erschienen ist. Das Publikum war gespalten, geht es doch auch um die Einordnung der eigenen Vergangenheit. »Sprache transportiert Bewusstsein«, sagte ein Zuhörer und was könnte eine Zeitung wie diese mehr wollen? Sich der Brüche bewusst werden, ohne dabei vorzugeben, sie kitten zu können.
Eine Verjüngungskur von 70 auf 25 geht nicht ohne Anpassungen. Meist bekommen die Leser nur wenig davon mit, was es bedeutet, auf dem technischen Stand zu bleiben und jeden Tag ein auch optisch ansprechendes Blatt herzustellen. Deshalb ging der diesjährige nd-Leserpreis sowohl an Ralf Ziplies, Technik-Chef beim »nd«, als auch an die Gestalter Michael Pickardt und Holger Hinterseher, die dafür sorgen, dass man mit 70 Jahren immer noch jung und begehrenswert aussehen kann.
Getanzt wurde natürlich auch: Unter anderen brachten Bernadette La Hengst und die Deutschkarottenrocker von »Hasenscheisse« die Beine der Gäste zum zappeln. Anna Morgolina & Band begleiteten eine Lesung aus dem Briefwechsel zwischen Christa Wolf und Brigitte Reimann.
Und die Zukunft? »Erklären Sie in 30 Sekunden«, fragte Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping den Chefredakteur Tom Strohschneider, »warum sollte man das ›neue deutschland‹ lesen?« Die Antwort ist dann eine, aus der die Lebenserfahrung mit 70 und die Kühnheit mit 25 spricht: »Wir schreiben anders über 1989, wir schreiben anders über 2016 und wir werden auch noch anders über 2030 schreiben.«
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Fotos: Anja Märtin, Ulli Winkler und Grit Gerhardt
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