Nach Brüssel nur über Canossa
Roland Etzel zum Ergebnis der Parlamentswahl in Serbien
Das serbische Fernsehen in Belgrad bezeichnete Wahlsieger Vučić - so wie er auch sich selbst - als Wegbereiter auf der Straße in die EU. Es war exakt 17 Jahre, nachdem Angriffe von Bombern auch aus der EU auf Relaisstationen eben jenes serbischen Fernsehens im Lande die Bildschirme schwarz werden ließen. Vergessen und vorbei?
Daran erinnern wollte jetzt offenbar kaum jemand; schon gar nicht der damalige serbische Informationsminister - Aleksandar Vučić. »Go west« lautet die Parole des heutigen Ministerpräsidenten, spätestens seit er 2008 von den Radikalen zur Serbischen Fortschrittspartei wechselte. Auch wenn die meisten Serben, so die Umfragen, den EU/NATO-Luftkrieg vom Frühjahr 1999 gegen ihr Land auch heute keineswegs als gerechtfertigt ansehen: Sie zeigten sich offenbar bereit, der Logik Vučićs zu folgen, dass ein besseres Leben als derzeit für sie nur in der EU möglich ist.
Zunächst kostet das »nur« geistige Unterwerfung. Sie sollen akzeptieren, dass allein die EU-Sicht auf die jüngsten Balkankriege die »richtige« ist. Anders ausgedrückt: Brüssel ist ohne Canossa nicht zu haben. Dafür waren die Serben bereit, sich schon zum dritten Mal in vier Jahren an die Wahlurne zitieren zu lassen. Es ist zu bezweifeln, dass allen bewusst war, dass Vučić vorhat, sie dafür mit sozialen Grausamkeiten zu belohnen.
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