Spanien steht vor Neuwahlen
PSOE-Chef Sánchez erklärt letzten Versuch für Regierungsbildung als gescheitert / Linke Regionalpartei Compromís legte Sozialdemokraten ein Angebot vor
Madrid. Nach vier Monaten vergeblichen Ringens um eine Regierungsbildung steht Spanien offenbar endgültig vor vorgezogenen Neuwahlen. Ein letzter Anlauf zur Bildung einer Regierungskoalition sei gescheitert, sagte am Dienstagabend der Chef der Sozialistischen Partei (PSOE), Pedro Sánchez. Damit seien Neuwahlen unvermeidlich. Die linke Regionalbewegung Compromís hatte zuvor überraschend der PSOE und anderen linken Parteien einen Koalitionsvorschlag vorgelegt, um Neuwahlen doch noch zu verhindern.
»Wir sind zu einer Wiederholung der Wahlen gezwungen«, sagte Sánchez in Madrid. Zuvor hatte er dem spanischen König Felipe VI. in einem Gespräch mitgeteilt, dass er nicht genügend Rückhalt für die Wahl zum Ministerpräsidenten habe. Die Hauptschuld für das Scheitern der Regierungsbildung und der neuen Gespräche trage die Linkspartei Podemos, behauptete Sánchez. »Herr Iglesias hat die Tür geschlossen«, machte der PSOE-Chef den Podemos-Chef Pablo Iglesias verantwortlich.
Die kleine Regionalbewegung Compromís hatte am Morgen einen Koalitionsvorschlag vorgelegt, um Neuwahlen in letzter Minute zu verhindern. Compromís, die ihre Basis in der Region Valencia hat und über vier Abgeordnete verfügt, strebte die Beteiligung von Podemos und Izquierda Unida an der neuen Regierung an. Mit Duldung der neoliberalen Zentrumspartei Ciudadanos sollte Sánchez zum Ministerpräsidenten gewählt werden.
Ciudadanos äußerte sich aber kritisch zu dem Vorschlag. Es sei »ein Dokument von drei Seiten, um vier Jahre mit sechs verschiedenen Parteien zu regieren«, sagte ihr Vorsitzender Albert Rivera. Es führe kein Weg an Neuwahlen vorbei. Die linke Podemos bezeichnete die Initiative als »interessant«, erklärte aber, keine Minderheitsregierung unter Führung der PSOE zu akzeptieren. Eine ausdrückliche Ablehnung neuer Gespräche durch Podemos gab es nicht.
Nach dem Scheitern des neuen Anlaufs wurde erwartet, dass König Felipe VI. noch am Abend eine vorgezogene Parlamentswahl für Ende Juni ansetzt. Offiziell läuft die Frist zur Bildung einer Regierung am 2. Mai aus. Anschließend würden automatisch Neuwahlen fällig.
Bei der Parlamentswahl am 20. Dezember war die bislang regierende konservative Volkspartei (PP) erneut stärkste Kraft geworden, hatte die absolute Mehrheit jedoch verfehlt. Dafür waren zwei neue Parteien, die linke Podemos und die neoliberale Ciudadanos, mit zweistelligen Ergebnissen ins Parlament eingezogen. Felipe beauftragte schließlich Sánchez mit der Regierungsbildung, alle Versuche zur Bildung einer tragfähigen Koalition scheiterten aber. Umfragen zufolge würde bei Neuwahlen das Kräfteverhältnis im Parlament nicht deutlich anders ausfallen als bisher. Agenturen/nd
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