LINKE: E-Auto Prämie ist ökologischer Wahnsinn
Gabriel: Förderpaket soll E-Auto-Zahl auf mehr als 500.000 erhöhen / Auch Umweltverbände kritisieren Kaufzuschüsse
Berlin. Bundeswirtschaftminister Sigmar Gabriel (SPD) hat das in der Koalition umstrittene Förderpaket für Elektroautos als vertretbare Lösung verteidigt und die deutsche Autoindustrie zu zusätzlichen Anstrengungen aufgefordert. Ziel sei es, auf dem Heimatmarkt zu zeigen, dass man diese Antriebsform beherrsche und »massenmarktfähig« mache, sagte Gabriel am Mittwoch in Berlin. Mit den vereinbarten Fördermaßnahmen hoffe man, die Zahl der E-Autos in Deutschland über die Schwelle von 500 000 zu heben.
Dies wäre immer noch weit entfernt von dem ursprünglichen Ziel von einer Million Fahrzeugen bis 2020, aber das Zehnfache des aktuellen Bestandes. Die Bundesregierung erwarte zugleich, dass die Autoindustrie die Herausforderung »offensiv annimmt«. In Deutschland müsse mehr geforscht und die industrielle Fertigung der Batterien nach Deutschland zurückgeholt werden, forderte Gabriel.
Schäuble machte deutlich, dass Kunden nur dann eine Prämie erhalten, wenn ihr Hersteller sich an der vereinbarten hälftigen Finanzierung beteiligt. Daimler, VW und BMW sagten dies laut Regierung bereits zu.
Die Grünen kritisierten den Autogipfel im Kanzleramt als »Schaufensterpolitik«. Gegenüber der »Neuen Osnabrücker Zeitung« sagte Fraktionschef Anton Hofreiter: »Gerecht wäre es, Besitzer von Dreckschleudern zur Kasse zu bitten«. Die Regierung verschnarche den nötigen technologischen Wandel in der Autoindustrie, sagte er. Nötig sei eine langfristig wirksame Strategie für die Elektromobilität mit klaren und ambitionierten Zielen.
Der Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens warnte vor einer ökologisch kontraproduktiven Wirkung, da sich die Konzerne mit Elektroautos ihre Dieselflotten schön rechnen könnten. »Eine Kaufprämie für E-Autos setzt somit Anreize für die Industrie, nichts in die Verbesserung der Verbrennungsmotoren zu investieren«, sagte Behrens der dpa.
Auch Umweltverbände hatten Kaufzuschüsse kritisiert. »Nicht mal eine Woche, nachdem fast alle Autohersteller viel zu hoher Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen überführt wurden, soll jetzt mit Steuergeldern der Kauf von Elektroautos subventioniert werden«, hatte etwa der Naturschutzbund (Nabu) erklärt.
Käufer von Elektroautos sollen künftig einen Zuschuss erhalten. Um die schleppende Nachfrage anzukurbeln, haben sich Bundesregierung und Autoindustrie auf Kaufprämien verständigt. Entsprechende Informationen des Deutschlandfunks wurden der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Koalitionskreisen nach einem Autogipfel am Dienstagabend im Kanzleramt bestätigt. Demnach soll es für reine E-Autos Zuschüsse von 4000 Euro geben, für Hybride mit ergänzendem Verbrennungsmotor 3000 Euro.
Die Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro sollen sich der Bund und die Hersteller jeweils zur Hälfte teilen, wie es auch in Regierungskreisen hieß. Prämien sollen nur für Modelle mit einem Listenpreis von maximal 60.000 Euro für ein Basismodell möglich sein. Ein Elektro-Golf zum Beispiel hat in der Basisfassung einen Listenpreis von knapp 35 000 Euro. Außerdem soll der Ausbau von Ladestationen mit 300 Millionen Euro gefördert werden.
Die Kaufprämie für E-Autos erinnert an die Abwrackprämie als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Damals gab es eine Prämie in Höhe von 2500 Euro. Angesichts des Erfolgs der Prämie konnte eine massive Krise der Automobilindustrie verhindert werden. Hauptprofiteur damals war Marktführer Volkswagen. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.