Neue EU-Spielchen mit Griechenland

Die kurzzeitige Unruhe in Brüssel wegen der Zukunft der Kreditleistungen entfacht alte Ängste und Debatten

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
»Money makes the world go round«, sang die große Liza Minelli einst in dem Film »Cabaret«. Die Griechen dürfte dieser Song in der aktuell sehr schwierigen Situation allerdings nicht zum Tanzen bringen.

So schnell, wie das Gespenst Griechenland aus dem zurzeit ausnahmsweise etwas ruhigeren EU-Alltag plötzlich aufgetaucht war, so schnell war es auch wieder verschwunden. »Keiner kann wirklich ein Interesse haben, dass Griechenland in der aktuellen Situation in Südosteuropa wieder zum Problemfall wird«, kommentierte Dimitrios Papadimoulis, Vizepräsident des Europaparlaments und dort Delegationsleiter der griechischen Regierungspartei SYRIZA, die kurzfristige Absage des für Donnerstag geplanten Sondertreffens der Eurogruppe zum Thema Griechenland.

Sehr viel spreche dafür, dass das Treffen bald nachgeholt werde. »95 Prozent der Dinge zwischen uns und den Gläubigern sind geklärt, und die Vertreter aller wichtigen EU-Institutionen haben ja gesagt, dass alles nur eine Frage von wenigen Tagen sei«, sagte Papadimoulis.

Damit behielt er recht. Schon am Donnerstagabend hieß es, dass die Beratung der Eurogruppe am 9. Mai nachgeholt werde. Nach Einschätzung der EU-Kommission haben sich Griechenland und seine Gläubiger in zentralen Punkten deutlich angenähert. Die Zustimmung der obersten Kassenhüter zum nächsten Spar- und Reformpakt ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Milliardenhilfen an das pleitebedrohte Land.

Dabei fordert der Internationale Währungsfonds (IWF), der sich am Juli-Pakt bis jetzt nicht beteiligt, dass Griechenland zusätzliche »Reformen auf Vorrat« beschließt. Sie sollen automatisch greifen, falls Griechenland die für 2018 geplanten Haushaltsziele verfehlt. Sollte dieser Sicherheitsmechanismus gesetzlich verankert werden, könnten dem Land auch Schulden erlassen werden. Das erachtet der IWF als notwendig, die EU-Finanzminister wollen dies aber möglichst vermeiden.

Besonders Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist strikt gegen Schuldenerleichterungen, will aber den IWF bei den Griechenlandgeldern mit ins Boot holen. Wohl auch deshalb hatten die EU-Finanzminister am vergangenen Wochenende die IWF-Forderung letztlich für gut empfunden. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras seinerseits wehrt sich gegen jegliche Maßnahmen, die über die Juli-Vereinbarungen hinausgehen.

»Gesetze, die sich auf irgendwelche Eventualitäten in der Zukunft beziehen, sind bei uns auch verfassungswidrig«, sagte Papadimoulis. Sie seien überdies nicht notwendig. Es gebe nämlich keine Beweise dafür, dass die aktuellen Maßnahmen nicht reichen würden. »Das politische Ziel ist es aber zu vermeiden, dass es eine linke Regierung in Europa gibt, die zeigt, dass eine rigorose Sparpolitik nicht alternativlos ist«, unterstützte Gabi Zimmer (LINKE), Fraktionschefin der Linken im Europaparlament, die Sicht der SYRIZA-Politiker.

Ihr Kollege von den Sozialdemokraten sieht das ähnlich. »Wir können nicht zulassen, dass die ›Falken‹ Griechenland erpressen«, teilte der Italiener Gianni Pittella mit. Gleicher Tenor bei den EU-Grünen, die aber auch von Griechenland mehr Anstrengungen gerade bei den Steuereinnahmen verlangen. Anders klingt allerdings die Bewertung des Chefs der konservativen EVP-Fraktion: »Der Versuch, erneut notwendige Reformen zu umgehen, ist ein riskantes Manöver«, ließ sich der CSU-Politiker Manfred Weber im »Münchner Merkur« zitieren.

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